Milliarden gegen die Inflation

So wollen Staaten weltweit gegen die Preiskrise kämpfen

· Online seit 05.09.2022, 15:29 Uhr
Strom, Benzin, Lebensmittel – weltweit leiden die Menschen unter steigenden Preisen. Regierungen sind gefordert, ihren Bürgerinnen und Bürgern bei der Bewältigung der Preiskrise zu helfen. Das sind die verschiedenen Strategien rund um den Globus.
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Arabische Staaten

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ihre Ausgaben für Sozialleistungen erhöht. Die VAE verdoppelten die finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Familien in den Emiraten, während Saudi-Arabiens König Salman die Bereitstellung von 20 Milliarden Riyal (5,32 Milliarden Franken) anordnete.

Brasilien

Die brasilianische Regierung hat die Treibstoffsteuern gesenkt und die Sozialausgaben erhöht. Das grösste Ölunternehmen des Landes, Petrobras, kündigte letzte Woche eine Senkung der Benzinpreise um 7 Prozent an - die vierte Senkung in Folge seit Mitte Juli.

Chile

Im Juli kündigte Chile einen 1,2-Milliarden-Franken-Hilfsplan an, der Lohnkostenzuschüsse und Einmalzahlungen von rund 120 Franken für 7,5 Millionen der 19 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner vorsieht.

Deutschland

In Deutschland zahlt der Staat im September allen Erwerbstätigen einen einmaligen Zuschuss von 300 Euro (292 Franken). Studierende und Sozialhilfeempfänger haben bereits das Doppelte der üblichen Pauschalzahlung für die Beheizung von Privathäusern erhalten.

Frankreich

Frankreich hat die Gaspreise auf dem Stand von Oktober 2021 eingefroren, die Strompreiserhöhungen bis mindestens Ende des Jahres auf 4 Prozent begrenzt und rund 100 Franken an Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen verteilt. Auf diese Weise sollen sie bei der Zahlung der Energiekosten unterstützt werden.

Grossbritannien

Die britische Regierung hat ihre Pläne zur Bewältigung der Lebenshaltungskostenkrise noch nicht bekannt gegeben. Das Finanzministerium soll jedoch eine Reihe von Optionen für einen Nothaushalt ausarbeiten, der in Kraft treten soll, sobald die neue Premierministerin Liz Truss ihr Amt angetreten hat.

Indien

Vor vier Monaten verhängte Indien Ausfuhrbeschränkungen für Lebensmittel wie Weizen und Zucker. Diese beiden Produkte machen einen grossen Teil der Ausgaben der indischen Haushalte aus. Ausserdem senkte die Regierung des asiatischen Landes die Steuern auf die Einfuhr von Speiseöl.

Indonesien

Indonesien wird 24,17 Billionen Rupien (rund 1,6 Milliarden Franken) aus dem Budget für Treibstoffsubventionen zugunsten von Sozialleistungen einsetzen. Dies beinhaltet auch Bargeldzahlungen an 20,6 Millionen Haushalte. Die Regierung will ausserdem die regionalen Verwaltungen anweisen, die Verkehrstarife zu subventionieren.

Japan

Der japanische Durchschnitts-Mindestlohn soll bis März 2023 um den Rekordwert von 3,3 Prozent angehoben werden. Ausserdem will die Regierung im Rahmen eines umfassenden Entlastungspakets die Preise für importierten Weizen, den sie an Einzelhändler verkauft, nicht anheben. Diese Schritte folgen auf ein im April verabschiedetes 101-Milliarden-Franken-Gesetz.

Malaysia

In diesem Jahr wird Malaysia voraussichtlich eine Rekordsumme von 77,3 Mrd. Ringgit (rund 17 Milliarden Franken) an Subventionen und Bargeldhilfen ausgeben, um die Auswirkungen der Preissteigerungen zu mildern.

Niederlande

Die Niederlande bieten den einkommensschwächsten Haushalten des Landes eine einmalige Energiesubvention in Höhe von 1266 Franken, erhöhen den Mindestlohn und senken die Mehrwertsteuer für Energie auf 9 Prozent.

Norwegen

Norwegen hat die Stromkosten auf 7 Kronen (69 Rappen) pro Kilowattstunde gedeckelt, wobei der Staat 80 Prozent (ab Oktober 90 Prozent) des darüber liegenden Betrags übernimmt.

Polen

In Polen, das in hohem Masse auf Kohle für die Beheizung von Haushalten angewiesen ist, hat die Regierung eine einmalige Zahlung von 3000 Złoty (ca. 620 Franken) für jeden mit Kohle beheizten Haushalt angekündigt, mit kleineren Subventionen für andere Heizstoffe wie Flüssiggas.

Spanien und Portugal

Spanien will die Mehrwertsteuer auf Gas ab Oktober bis Ende des Jahres von 21 Prozent auf 5 Prozent senken, um den Bürgerinnen und Bürgern bei den Energierechnungen unter die Arme zu greifen. Im Juni genehmigte die Europäische Union ausserdem einen 8,2 Milliarden Franken schweren Plan Spaniens und Portugals zur Senkung der Grosshandelspreise für Strom. Mit ihm soll der Preis für das zur Stromerzeugung verwendete Gas gedeckelt werden. Die spanische Regierung geht davon aus, dass die Haushalte dadurch 15 bis 20 Prozent ihrer Energiekosten einsparen können.

Südafrika

Im Juli kündigte Südafrika eine Senkung der Preise für Treibstoff an.

Türkei

Die Türkei hat ihren Mindestlohn um etwa 30 Prozent erhöht, nachdem er bereits Ende letzten Jahres um 50 Prozent gestiegen war.

Vereinigte Staaten von Amerika

Die USA wollen Millionen verschuldeter Ex-Studenten helfen, indem ihnen 10'000 Dollar (rund 9800 Franken) ausstehender Studienkredite gestrichen werden. Dieser Schritt folgt auf ein im letzten Monat angekündigtes 420-Milliarden-Franken-Gesetz zur Verringerung der Inflation, das unter anderem Kürzungen der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente und Steuergutschriften zur Verbesserung der Energieeffizienz vorsieht.

Präsident Joe Biden hat ausserdem einen einkommensabhängigen Rückzahlungsplan vorgeschlagen, der eine Obergrenze von Darlehen für einkommensschwache Kreditnehmer vorsieht. Das Programm zum Erlass von Darlehen für Beschäftigte in gemeinnützigen Einrichtungen und im öffentlichen Dienst soll ebenfalls überarbeitet werden.

Und die Schweiz?

In der Schweiz sind Stand heute keine staatlichen Massnahmen gegen die steigenden Preise geplant. Der Bundesrat sehe zurzeit keinen Bedarf für staatliche Sondermassnahmen, wie die «NZZ» schreibt. Die bisherigen Preissteigerungen seien für die Haushalte verkraftbar. Angesichts der grossen Unsicherheit über die Zukunft solle die Bundesarbeitsgruppe Energiepreise aber den Handlungsbedarf unter Berücksichtigung der weiteren Preis- und Lohnentwicklung evaluieren.

Ausserdem würden staatliche Leistungen wie die Arbeitslosenversicherung, die Sozialhilfe und die AHV an die Lebenskosten angepasst. Massnahmen gegen die Inflation liegen somit vor allem im Aufgabenbereich der Schweizerischen Nationalbank. Diese versucht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Werkzeugen die Preise möglichst stabil zu halten. Als stabil wird eine Inflation von unter 2 Prozent betrachtet. Die Inflation in der Schweiz ist im August gemäss Bundesamt für Statistik auf 3.5 Prozent gestiegen – von 3.4 Prozent im Juli.

Quellen:

Cost of living crisis: what governments around the world are doing to help (theguardian.com)

Hohe Energiepreise: Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf (nzz.ch)

Inflation: Was ist das eigentlich genau? (tagblatt.ch)

(osc)

veröffentlicht: 5. September 2022 15:29
aktualisiert: 5. September 2022 15:29
Quelle: Today-Zentralredaktion

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