China

Viele Festnahmen bei Protesten – darunter Schweizer Journalist

28.11.2022, 07:31 Uhr
· Online seit 28.11.2022, 06:30 Uhr
Bei der grössten Protestwelle seit Jahrzehnten in China sind zahlreiche Menschen festgenommen worden. Darunter auch ein Schweizer Journalist. Die Demonstrationen vom Wochenende dauerten in vielen Städten bis in die Nacht zum Montag an.
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Der Unmut im Volk richtet sich gegen die strikten Massnahmen der chinesischen Null-Corona-Politik wie Lockdowns, Massentests und Zwangsquarantäne. Noch in den frühen Nachtstunden ging ein Grossaufgebot der Polizei in der Hauptstadt Peking gegen Hunderte protestierende Menschen nahe dem Diplomatenviertel vor.

BBC-Reporter festgenommen

Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur hielten viele Demonstranten unbeschriebene weisse Blätter hoch. Es wurden Parolen wie «Hebt den Lockdown auf» und «wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit» gerufen. Protestmärsche gab es auch in anderen Millionenstädten wie Shanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou. Wie viele Menschen festgenommen wurden, war unklar. In China herrschte praktisch eine Nachrichtensperre.

Quelle: CH Media Video Unit / Massnahmen-Proteste in China / Beitrag vom 27.11.2022

In Shanghai wurde der BBC-Reporter Ed Lawrence festgenommen und nach eigenen Angaben von Polizisten misshandelt. «Die BBC ist extrem besorgt über die Behandlung unseres Journalisten Ed Lawrence, der festgenommen und in Handschellen gelegt wurde, während er über die Proteste in Shanghai berichtete», sagte ein Sprecher des britischen Senders. Lawrence sei bei der Festnahme von Polizisten geschlagen und getreten worden, obwohl er eine Akkreditierung als Journalist habe. Erst Stunden später sei er wieder freigelassen worden.

Schweizer Journalist wird nach Liveschaltung abgeführt

Auch der Schweizer Journalist Michael Peuker wurde nach einer Livesendung festgenommen, wie SRF berichtet. Peuker berichtete am Sonntag in der Nachrichtensendung von 19.30 Uhr aus Shanghai. Die chinesische Polizei griff mitten in der Livesendung ein und nahm den Journalisten und seinen Kameramann kurzzeitig fest. Seine Ausrüstung sei zur Überprüfung beschlagnahmt, bevor sie zurückgegeben worden sei. Kurze Zeit später seien die beiden wieder freigelassen worden.

Es sind die grössten Proteste in China seit der Demokratiebewegung 1989, die das Militär am 4. Juni jenes Jahres blutig niedergeschlagen hatte. Soziale Medien waren voll mit Videoaufnahmen, die von der Zensur aber schnell wieder gelöscht wurden. Auslöser der seltenen öffentlichen Unmutsbekundungen war ein Wohnungsbrand in der Metropole Ürümqi in Xinjiang in Nordwestchina am Donnerstagabend mit mindestens zehn Toten. Viele äusserten den Verdacht, dass die Rettungsarbeiten durch die strengen Corona-Massnahmen behindert worden seien.

Schlimmste Corona-Welle seit drei Jahren

Schon bei einzelnen Corona-Infektionen oder Verdachtsfällen werden ganze Wohnblöcke und Wohnanlagen abgeriegelt. Verärgerte Bewohner rissen in Peking Absperrungen nieder. In der Hauptstadt sind Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen. Ein Fünftel der zweitgrössten Volkswirtschaft und damit Hunderte Millionen Menschen dürften landesweit von Lockdowns betroffen sein, schätzen Experten. Viele Unternehmen stossen an ihre Grenzen. Beschäftigte und gerade Wanderarbeiter müssen häufig schmerzhafte Lohneinbussen hinnehmen.

Trotz des rigorosen Vorgehens gegen das Virus wird das Milliardenvolk gegenwärtig von der schlimmsten Corona-Welle seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren heimgesucht. Die Gesundheitskommission meldete am Montag mit rund 40'000 Neuinfektionen wieder einen Höchststand im Land. In Peking waren es knapp 3900 Fälle.

(sda)

veröffentlicht: 28. November 2022 06:30
aktualisiert: 28. November 2022 07:31
Quelle: Today-Zentralredaktion

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