Vorbild für die Schweiz?

Vorarlberg öffnete Restaurants – ohne negative Folgen

10.05.2021, 16:20 Uhr
· Online seit 10.05.2021, 09:48 Uhr
Das Bundesland profiliert sich in Österreich mit einer Test-Offensive, verbunden mit Öffnungsschritten. Jetzt liegen erste Erfahrungen vor.
Anzeige

Nur neun Intensivbetten sind am Freitag in den sechs Krankenhäusern des 400'000 Einwohner zählenden Bundeslandes belegt. Im Herbst waren es noch bis zu 46 von 59 Kojen für Covid-Patienten «reserviert».

«Die Modellregion Vorarlberg ist ein Erfolg», sagt Armin Fidler, wissenschaftlicher Berater der Vorarlberger Landesregierung. Er ärgert sich daher über Medien, vor allem aus dem Osten Österreichs, die den Test- und Öffnungs-Versuch schlechtreden wollen, weil sich die Inzidenz in den letzten sieben Wochen verdoppelt hat – und Vorarlberg allein bei dieser Kennzahl wieder Schlusslicht unter den neun österreichischen Bundesländern geworden ist.

Explodierende Testbereitschaft

Vorarlberg hatte Anfang März die Gunst der Stunde genutzt. Bei einer Inzidenz von 70 – die britische Mutante hatte den Arlberg vom Osten her noch nicht erreicht – war Landeshauptmann Markus Wallner beim Gesundheitsminister mit der Idee vorstellig geworden, eine Modellregion zu schaffen. Nach zähen Verhandlungen verbunden mit dem Versprechen, bei einer schlechten Entwicklung sofort wieder «dicht» zu machen, gingen am 15. März die Türen der Restaurants bis 20 Uhr auf. Kultur- und Profisportveranstaltungen finden seither wieder vor 100 Personen statt, Nachwuchssportler dürfen trainieren. Freilich unter strengen Voraussetzungen wie regelmässigen aktuellen Tests, einer Registrierungspflicht und dem Vorhandensein eines tauglichen Präventionskonzepts.

Damit explodierte die Testbereitschaft förmlich, die damals schon weit über dem österreichischen Schnitt lag. Statt 70'000 Tests zählte Vorarlberg – der Sehnsucht nach Bier und Schnitzel sei Dank – bis zu 150'000 pro Woche. Mehr Tests bedeutet auch höhere Inzidenz. Die vielen Tests sind der Hauptgrund, warum die registrierten Infektionen zunahmen – dazu kamen regional begrenzte Infektionsherde.

«Dort, wo es brennt, löschen wir»

So bildete sich im Laiblachtal bei Bregenz ein Cluster im Bildungsbereich, im Bregenzerwald war ein Superspreader, der trotz Absonderungsbescheid eine grosse Feier durchführte und in seiner beruflichen Tätigkeit zahlreiche Bauernhöfe besuchte, die Ursache für den rasanten Anstieg der Infektionen.

Beide Male reagierte die Landesregierung resolut mit einer Ausreisetestpflicht aus den Regionen und der Einführung «roter Zonen» in den Ortskernen, die man nur mit einem negativen Testergebnis betreten durfte. «Wir hatten der Bevölkerung mit den Öffnungsschritten und dem Stück wiedererlangter Freiheit eine grosse Karotte vor die Nase gehalten, die sie nicht mehr hergeben wollten», begründet Armin Fidler die Bereitschaft der Bevölkerung die rigorosen Massnahme ohne grossen Widerstand mitzutragen.

Und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher ergänzt: «Dort, wo es brennt, löschen wir. Das verstehen die Leute deutlich besser als komplette Lockdowns, die dann einfach alle treffen.» Hinweise, dass es in Restaurants zu Ansteckungen gekommen wäre, gibt es nicht. Rüscher ist sich auch sicher, dass die Modellregion bis zu den geplanten österreichweiten Öffnungsschritten ab 19. Mai Bestand haben wird. Seit 30. April sinkt die Inzidenz wieder deutlich.

Land will «Impftrödler» aufwecken

Bis dahin zündet Vorarlberg auch nochmals den Impfturbo. Nach dem Überschreiten der 200’000er-Marke bei den Impfvormerkungen – gut 125'000 davon haben die erste Impfung bereits erhalten – hat sich die Landesrätin ein neues ehrgeiziges Ziel gesteckt. 280'000, oder 70 Prozent der Impffähigen, sollen es in den nächsten Wochen werden.

Damit das gelingt und um «Impftrödler» zur Anmeldung zu motivieren, werden letzte Vorkehrungen getroffen, die Impftermine unabhängig vom Alter schon kommende Woche für alle zu öffnen, frei nach dem Motto: «Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.» Vorarlberg wäre gerüstet, sollte in den kommenden Wochen ausreichend Impfstoff vorhanden sein, verweist die Landesrätin auf das perfekte Zusammenspiel im Vorarlberger Gesundheitswesen. «Wir haben seit Wochen unsere Infrastruktur so aufgestellt, dass wir in der Lage sind, alle 330'000 Impffähigen in acht Tagen zu impfen.»

veröffentlicht: 10. Mai 2021 09:48
aktualisiert: 10. Mai 2021 16:20
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch