Krieg

Waffen für die Ukraine – wer was liefert und wer zögert

22.04.2022, 17:37 Uhr
· Online seit 22.04.2022, 16:46 Uhr
Schon seit Beginn des Krieges in der Ukraine bittet das osteuropäische Land befreundete Staaten um Waffen, die bei der Abwehr der russischen Invasion mithelfen sollen. Immer mehr Länder kündigen nun die Lieferung auch schwerer Kriegsmittel wie Panzer und Artilleriegeschütze an. Eine Übersicht.
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Belgien und die Niederlande haben angesichts der russischen Offensive im Donbass angekündigt, weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Jetzt müsse man den nächsten Schritt gehen, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte auf einer Pressekonferenz mit seinem belgischen Amtskollegen Alexander De Croo. Später teilte die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren mit, Panzerhaubitzen an die Ukraine zu liefern. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will Deutschland die Lieferung mit Ausbildung und Munition unterstützen. Die Ministerin äusserte sich nicht dazu, wie viele Panzerhaubitzen geliefert würden. Es gehe um eine «begrenzte Anzahl», sagte sie der Nachrichtenagentur ANP. (sda)

Dänemark will der Ukraine weitere Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 600 Millionen Kronen (rund 83 Millionen Franken) spenden. Das kündigte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an. Damit beliefen sich die gesamten militärischen Hilfen des Landes auf über eine Milliarde Kronen. Um welche Waffen es sich handelt, liess Frederiksen offen.

Deutschland will laut Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Waffen an die Ukraine liefern. «Die Möglichkeiten der Bundeswehr, aus ihrem Arsenal weitere Waffen zu liefern, sind weitgehend erschöpft. Was noch verfügbar gemacht werden kann, liefern wir aber auf jeden Fall noch», sagte der deutsche Regierungschef dem «Spiegel». Scholz nannte hierbei Panzerabwehrwaffen, Panzerrichtminen und Artilleriemunition. Scholz wies den Vorwurf zurück, er sei in der Frage zu zögerlich oder äussere sich widersprüchlich. Berlin bereitet zudem einen sogenannten «Ringtausch» für die Lieferung schwerer Waffen vor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll dabei der Nato-Partner Slowenien eine grössere Stückzahl seiner alten Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten. Slowenien hat unter der Bezeichnung M-84 noch eine jugoslawische Variante des auch von der Ukraine genutzten Kampfpanzers T-72 in den Beständen. (sda)

Die Europäische Union hat seit Kriegsbeginn 1,5 Milliarden Euro aus eigenen Mitteln, sogenannten Friedensfazilitäten, bewilligt, von denen Mitgliedstaaten «persönliche Schutzausrüstung, Erste-Hilfe-Kits und Treibstoff sowie militärische Ausrüstung und Plattformen, mit denen zu Verteidigungszwecken tödliche Gewalt angewendet werden kann» für die Ukraine kaufen können. Schwere Waffen, wie viele Mitgliedstaaten sie nun liefern wollen, dürfen damit also nicht finanziert werden. (dw)

Frankreich liefert der Ukraine zur Abwehr des russischen Einmarsches schwere Waffen, darunter zwölf Artilleriegeschütze. Wie Präsident Emmanuel Macron im Interview der Zeitung «Ouest France» sagte, werden neben Panzerabwehrraketen des Typs Milan auch die Haubitze Caesar in die Ukraine geliefert. Die auf Lastwagen montierten Caesar-Geschütze mit einem Kaliber von 155 Millimeter können Ziele bis auf eine Entfernung von 40 Kilometern präzise treffen. Frankreich hatte sich bislang zu seinen Waffenlieferungen sehr bedeckt gehalten. (sda)

Grossbritannien prüft nach Angaben von Premierminister Boris Johnson die Lieferung von Panzern an Polen. Die T-72-Panzer sowjetischer Bauart sollen dann von Warschau an die Ukraine weitergegeben werden. Das teilte Johnson während eines Besuchs in der indischen Hauptstadt Neu Delhi am Freitag mit. London verzichtete bislang darauf, selbst Panzer an die Ukraine zu liefern. Grossbritannien hat Kiew aber bereits 150 gepanzerte Fahrzeuge versprochen. Dabei soll es sich um den schwer gepanzerten Typen «Mastiff» handeln. Darüber hinaus hat die britische Regierung Tausende Panzerabwehrwaffen der Typen NLAW und Javelin sowie Boden-Luft-Raketen vom Typ Starstreak und Lenkwaffen geliefert. Zudem wurden jüngst auch moderne Schiffsabwehrraketen angekündigt. Nach Angaben Johnsons sei auch Artillerie-Munition geliefert worden. (sda)

Kanada will schwere Artilleriewaffen zur Verteidigung der Ukraine gegen den Angriff Russlands schicken. Damit komme man einer Bitte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach, sagte Premierminister Justin Trudeau in New Brunswick. Details zu den Waffen und ihren Kosten sollen in den kommenden Tagen vorgestellt werden. (sda)

Litauen liefert der Ukraine schwere Mörser für den Krieg gegen Russland. Dies sagte der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas der Agentur BNS. Weiter habe Kiew aus den Beständen der Armee Landes Stinger-Flugabwehrraketen, Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen, Munition, Granaten, Maschinengewehre und -pistolen und andere Ausrüstung erhalten. «Es ist schwierig, alles aufzulisten. Vor einem Monat habe ich 35 Artikel verschiedener Art gezählt», sagte Anusauskas. (sda)

Norwegen hielt sich bislang bezüglich offizieller Lieferungen bedeckt. Aus dem nordeuropäischen Land hiess es zuletzt, man denke über schwere Waffen nach – geliefert werden aber erst einmal weiterhin Flugabwehrraketen. (zdf)

Polen hat bereits vor dem Krieg zur Modernisierung der ukrainischen Armee beigetragen und dem Nachbarland teils weiterentwickelte Waffensysteme russischer Bauart samt Munition geliefert. Polens Vorstoss Anfang März, der Ukraine Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 zu liefern, wurde von den NATO-Partnern ausgebremst. Anfang April brachte Warschau die Stationierung von US-Atomwaffen im Land ins Gespräch. Nun hat es weitere Lieferungen auch schwerer Waffen zugesagt, hält sich aber inzwischen bedeckter bei den Details. (dw)

Spanien habe seit Kriegsbeginn schon elf Transportmaschinen mit militärischen Gütern für die Ukraine auf den Weg gebracht. Dies sagte der spanische Regierungschef Pedro Sánchez bei einem Besuch im Kriegsgebiet. Zudem sei ein spanisches Schiff mit 200 Tonnen Munition und anderen Ausrüstungsgegenständen für die Ukraine auf dem Weg nach Polen. (sda)

Tschechien war bislang unter den NATO-Staaten das einzige Land, das offiziell Panzer in das Kriegsgebiet lieferte. Einige Dutzend Fahrzeuge vom Typ T-72, Kampfpanzer sowjetischer Bauart, aber auch Schützenpanzer aus früheren NVA-Beständen. (zdf)

Die Türkei hat der Ukraine in den vergangenen Jahren mindestens 20 Kampf- und Aufklärungsdrohnen vom Typ Bayraktar TB2 verkauft. Die Lieferungen stehen zwar nicht in Zusammenhang mit dem russischen Überfall, tatsächlich gehören sie aber zu den wenigen schweren Angriffswaffen aus NATO-Ländern, die die Ukraine bereits eingesetzt hat. (dw)

Die Vereinigten Staaten wollen der Ukraine weitere Waffen und Munition im Wert von bis zu 800 Millionen Dollar (rund 760 Millionen Franken) liefern. Das sagte US-Präsident Joe Biden in Washington. Biden kündigte an, dass das neue Paket unter anderem Dutzende Haubitzen und taktische Drohnen enthalten werde. Die US-Regierung hatte erst in der vergangenen Woche ein 800 Millionen Dollar schweres Militärhilfe-Paket angekündigt. Die USA haben der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar mit der neuen Zusage bereits Waffen im Wert von mehr als 3,3 Milliarden US-Dollar zugesagt oder geliefert. Die ukrainische Luftwaffe hat heute nach Darstellung des US-Verteidigungsministeriums ausserdem mehr einsatzfähige Kampfflugzeuge als noch vor wenigen Wochen. Die Ukraine habe dank der Koordination der Vereinigten Staaten «genügend Ersatzteile und zusätzliche Ausrüstung bekommen», um einige ihrer zuvor stillgelegten Kampfflugzeuge wieder in Betrieb zu nehmen, sagte der Sprecher des Pentagons, John Kirby, am Mittwoch. (sda)

(osc)

veröffentlicht: 22. April 2022 16:46
aktualisiert: 22. April 2022 17:37
Quelle: Today-Zentralredaktion

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