Obdachlosen-Serie – Teil 2

Ist Obdachlosigkeit in der Zentralschweiz ein Problem?

· Online seit 25.12.2022, 12:54 Uhr
Von 100'000 Personen sind in den acht grössten Schweizer Städten im Schnitt rund 73 obdachlos. Luzern liegt dabei mit 11 pro 100'000 Personen unter dem Durchschnitt. Wie akut ist das Problem Obdachlosigkeit in der Zentralschweiz also?
Anzeige

Schweizweit sind schätzungsweise 2200 Menschen obdachlos. Bei etwa 8000 droht ein Verlust der Wohnung. Dies zeigen Zahlen einer Studie, die erst im Frühjahr dieses Jahres publiziert wurde. Dabei handelt es sich um die erste Studie zur Obdachlosigkeit in der Schweiz.

«Obdachlosigkeit findet sich vor allem in Grossstädten und grösseren Agglomerationen, während drohender Wohnungsverlust auch in Zentrumsgemeinden in ländlichen Regionen vorkommt. Als Gründe für Obdachlosigkeit wurden oft Konsum-, Schulden- sowie Drogenprobleme genannt. Auch soziale und migrationsbedingte Ursachen spielen eine Rolle», heisst es in einem Bericht des Bundesamts für Wohnungswesen zur Studie. Dies spiegelt sich auch mit der Situation in der Zentralschweiz, wie Recherchen von PilatusToday zeigen.

Mehr Probleme in den Städten

In der Stadt Luzern sind auf 100'000 Einwohner hochgerechnet 11 Personen direkt von Obdachlosigkeit betroffen. 25 bis 30 Personen sind entweder wohnungslos oder leben in ungesicherten Wohnverhältnissen. Als wohnungslos bezeichnet man alle Menschen, die keinen Mietvertrag haben. Dazu gehören also auch obdachlose Menschen. Aber: Nicht alle wohnungslosen Menschen sind auch obdachlos. Als wohnungslos werden nämlich auch diejenigen Menschen bezeichnet, die beispielsweise in einer Notunterkunft oder bei Freunden unterkommen.

Gesamtschweizerisch verglichen sind diese Zahlen aus Luzern aber nicht gross: «Der Durchschnitt der Städte liegt bei 73,1 von 100'000 Personen, also fast sieben Mal mehr», sagt Edith Lang, Leiterin der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern.

Im Kanton Zug liegen auf kantonaler Ebene keine Zahlen vor, wie es auf Anfrage heisst. Der Verein «Ein Bett für Obdachlose» Zug, kurz EBfO, begleitet momentan aber zehn obdachlose Personen. EBfO sucht Wohnungen für Betroffene. Wobei die zehn Wohnungen, die ihnen im Moment zur Verfügung stehen, nicht ausreichen, wie Klaus Hengstler, Präsident Verein «Ein Bett für Obdachlose» Zug, erzählt. «Und wir können nur helfen, wenn wir genügend Wohnungen finden.» Der Verein sei froh über jeden Wohnraum, auch wenn dieser nur für begrenzte Zeit zur Verfügung steht. «In den kalten Wintermonaten umso mehr», sagt Hengstler.

Kaum Fälle auf dem Land

Anders die Situation auf dem Land: In den Kantonen Schwyz, Uri, Ob- und Nidwalden gibt es kaum Fälle von Obdachlosigkeit. In den Gemeinden Alpnach und Kerns in Obwalden etwa sind überhaupt keine Fälle von Obdachlosigkeit bekannt. «Falls es zu Wohnungsverlust kommt und sich Personen bei uns melden, helfen wir aktiv bei der Wohnungssuche», sagt Roland Bösch, Gemeindeschreiber von Kerns. «Bis jetzt haben glücklicherweise immer noch alle Suchenden eine Übernachtungsmöglichkeit oder Wohnung gefunden.» Dabei könne auch auf Angebote von Luzern wie die Notschlafstelle zurückgegriffen werden.

Im Kanton Nidwalden kommt Obdachlosigkeit punktuell vor. Meistens entstehe diese aus einer Krisensituation wie Scheidung oder Jobverlust, erklärt Verena Wicki vom Sozialamt Nidwalden. Dass jemand auf der Strasse schlafen muss, gibt es allerdings kaum. Denn die Grösse des Kantons erlaubt, dass schnell gehandelt werden kann, so Wicki. Beispielsweise helfen diverse Hotels mit Zimmer aus.

Ein akutes Problem ist die Obdachlosigkeit in der Zentralschweiz also nicht. Die Stadt Luzern schneidet im schweizweiten Vergleich besser ab als der Durchschnitt. Dennoch: Obdachlose Menschen sind Menschen, die sich in einer Notlage befinden und denen geholfen werden muss und kann.

veröffentlicht: 25. Dezember 2022 12:54
aktualisiert: 25. Dezember 2022 12:54
Quelle: PilatusToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch