Beschuldigte Bordellbetreiberin soll Notlagen ausgenutzt haben
Der 55-jährigen Bordellbetreiberin wird vorgeworfen, sie habe von thailändischen Menschenhändlern Frauen und Transsexuelle abgenommen und diese in Luzern ausgebeutet. Dafür soll sie nun mit 6,5 Jahren Gefängnis bestraft werden.
«Abgebrühte Bordellbetreiberin»
Vor Gericht verweigerte die Angeklagte am Dienstag die Aussage. Sie habe der Polizei alles gesagt, sie könne sich an vieles nicht mehr erinnern, sagte sie. Der Staatsanwalt rief das Gericht auf, sich nicht von der «unschuldigen Fassade» der «scheu wirkenden» Beschuldigten täuschen zu lassen. Diese sei vielmehr eine «abgebrühte Bordellbetreiberin».
Die vier Opferanwältinnen, die sechs Frauen vor Gericht vertraten, bestätigten dies. Die Frauen stammten demnach alle aus sehr ärmlichen Verhältnissen und ihre Familien waren in einer Notlage. Sie hofften, mit Arbeit in der Schweiz einen Ausweg gefunden zu haben, seien aber in «Schuldenknechtschaft» gelandet.
Opfer haben sich verschuldet
Gemäss Anklageschrift verschuldeten sich die Opfer für die Reise in die Schweiz bei den Menschenhändlern in der Höhe von mehreren Zehntausend Franken. Die Schulden mussten sie in einem Bordell in der Luzerner Baselstrasse abarbeiten. Ein eigenes Einkommen hatten die Prostituierten nicht.
Wegen ihres illegalen Status und der Schulden seien die Opfer der aus Thailand stammenden Schweizerin ausgeliefert gewesen, heisst es in der Anklageschrift weiter. Sie hätten weder über sich selbst noch über ihre Tätigkeit entscheiden können und das Haus nur ausnahmsweise verlassen dürfen.
Das sagt die Verteidigung
Gemäss ihres Verteidigers hat sich die ehemalige Bordellbetreiberin nicht des Menschenhandels schuldig gemacht. Der Verteidiger beschrieb das Etablissement zudem als normalen Arbeitsplatz. Der Verteidiger plädierte am Prozess für Freisprüche in den Hauptanklagepunkten. Seine Mandantin habe sich nur der Widerhandlung gegen die Ausländergesetzgebung schuldig gemacht. Er forderte dafür eine bedingte Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Franken und verwies darauf, dass der Tatvorwurf verjährt sein dürfte.
Gesundheitliche Schäden
Zwei der vor Gericht als Privatklägerinnen auftretende Opfer konnten aus dem Bordell fliehen. Die Frauen ruinierten sich gemäss ihren Anwältinnen die psychische und physische Gesundheit und leiden teilweise noch heute an Depressionen. Physische Gewalt wurde den Frauen offenbar nicht angetan. Diese sei in den Thai-Bordellen wegen des Autoritätsdenkens und der Unterwürfigkeit der Thailänderinnen nicht nötig, hiess es vor Gericht.
Die psychische Gewalt, der die Frauen ausgesetzt gewesen seien, komme aber einer physischen Gewalt gleich, sagte eine Anwältin. Auch wenn sich die Frauen in ihrer Notlage nicht gewehrt hätten, bedeute dies nicht, sie hätten in die Arbeit im Bordell eingewilligt.
Völlig ausgeliefert
Das Bordell hatte gemäss Anklage rund um die Uhr geöffnet. Die Prostituierten hatten keine Privatsphäre, keine eigenen Betten und schliefen teilweise am Boden. Wenn die Polizei kam, mussten sich die Opfer im Keller verstecken.
Es gilt die Unschuldsvermutung.
(sda)