Missbrauch

Beschuldigte verweigert in Missbrauchsprozess Aussage

· Online seit 14.08.2020, 13:35 Uhr
Das Kriminalgericht Luzern hat am Freitag eine Frau schuldig gesprochen, 2011 als 18-Jährige zusammen mit ihrem 17-jährigen Freund, ein 13-jähriges Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Es verurteilte sie zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen à 100 Franken, dies bei einer Bewährungsfrist von zwei Jahren.
Anzeige

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen sexueller Handlungen mit einem Kind eine bedingte Geldstrafe von 270 Tagessätzen à 90 Franken und eine Busse von 2000 Franken gefordert. Der ebenfalls zur Anklage gebrachte Vorwurf der Verabreichung von gesundheitsgefährdenden Stoffen an Kinder ist verjährt. Die Verteidigung beantragte einen Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Opfer, eine damals gute Freundin der Beschuldigten, erstattete erst 2017 Anzeige. Die 28-jährige Beschuldigte machte zu den Vorwürfen im ganzen Verfahren keine Aussagen. Die Schweizerin sagte vor dem Kriminalgericht nur, die «ganze Geschichte» sei eine «Lüge».

Auch der damalige Freund der Beschuldigten, der gemäss des Kriminalgerichts Luzern an den Taten beteiligt war, hatte zu den Vorwürfen keine Aussagen gemacht. Sein Verfahren, das noch unter das Jugendstrafrecht fiel, wurde im Kanton St. Gallen eingestellt.

Glaubwürdiges Opfer

Dass die Beschuldigte die Aussage verweigerte und damit nichts für sie Entlastendes einbrachte, half ihr vor Gericht nicht. Der Einzelrichter sagte bei der Urteilsverkündung. Es gebe bei diesem Sechs-Augen-Delikt somit nur die Aussage des Opfers. Diese sei glaubhaft und widerspruchsfrei.

Die Staatsanwaltschaft warf der Beschuldigten vor, ihrer fünf Jahre jüngeren Freundin bei sich zu Hause «pinken Vodka» verabreicht zu haben. Danach habe sie das sexuell unerfahrene Mädchen an Geschlechtsteilen berührt und geleckt und es aufgefordert, mit ihrem Freund zwei Mal ungeschützten Sex zu haben. Auch sie selbst habe mit ihrem Freund vor ihrer jungen Freundin Geschlechtsverkehr gehabt.

Dass das Opfer erst nach sechs Jahren Anzeige erstattete, erklärte der Staatsanwalt damit, dass es habe lernen müssen, über das Ganze zu reden. Er zweifelte nicht an dessen Darstellung und warf der Beschuldigte vor, sie habe ihre altersmässige Überlegenheit für ihre sexuellen Phantasien ausgenutzt.

Überforderte Beschuldigte

Die Verteidigerin erklärte das Schweigen ihrer Mandantin mit ihrem gesundheitlichen Zustand. Die Beschuldigte habe 2018 einen schweren epileptischen Anfall erlitten und müsse seither Medikamente nehmen. Sie könne nicht aussagen, weil sie rasch gestresst und überfordert sei.

Bestritten wurde von der Verteidigerin auch die altersmässige Überlegenheit ihrer Mandantin gegenüber der Freundin. Die Beschuldigte habe an einer Entwicklungsstörung gelitten und 2011 nicht das geistige Niveau einer 18-Jährigen gehabt. Das angebliche Opfer habe die Geschichte erfunden, weil es eifersüchtig auf den Freund ihrer Freundin gewesen sei.

Der Einzelrichter folgte den Argumenten der Verteidigerin nicht. Das Eifersuchtsmotiv wirke konstruiert, sagte er. Auch hätte die Beschuldigte bei der ersten Befragung aussagen können, denn der epileptische Anfall sei erst später aufgetreten.

Das Opfer habe sexuelle Handlungen von zwei Personen über sich ergehen lassen müssen, die «teamartig» vorgegangen seien, sagte der Einzelrichter. Das alkoholisierte, unerfahrene Mädchen habe sich nur eingeschränkt wehren können. Die Beschuldigte sei damit auch für die Taten ihre Freundes mitverantwortlich.

veröffentlicht: 14. August 2020 13:35
aktualisiert: 14. August 2020 13:35
Quelle: sda / PilatusToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch