Für erschöpfte Eltern: hohe Nachfrage bei «Hauszeit mit Herz»
«Wir hatten am Tag der Eröffnung bereits die ersten Leute», sagt Sévérine Bächtold, Präsidentin Verein «Hauszeit mit Herz». Bis zur Eröffnung letzten November war es ein strenger Weg. Umso mehr freut es den Verein, dass es jetzt so gut läuft. «Momentan sind wir voll ausgebucht», erzählt Bächtold.
«Hauszeit mit Herz» entspricht also einem echten Bedürfnis. Und es sind nicht nur Eltern aus der Umgebung, die das Angebot nutzen: «Es kommen Leute aus der ganzen Deutschschweiz zu uns.»
Ein Platz zum Entspannen und Kraft tanken
Die Mütter und Väter kommen aus den unterschiedlichsten Situationen: verheiratet, ledig, alleinerziehend oder nicht, berufstätig oder nicht. Was sie vereint, ist dass sie alle eine Auszeit brauchen. «Wir hatten eine Frau hier, die kurz vor einer Operation stand. Zu Hause hat sie zwei behinderte Kinder. Bei uns konnte sie Kraft für den bevorstehenden Eingriff sammeln und auch nach der Operation kommt sie wieder zu uns, um sich auszukurieren», erzählt Bächtold.
«Hauszeit mit Herz» stellt aber nicht einfach Betten zur Verfügung. Es gibt viele Aktivitäten, die auch gerne genutzt werden. Etwa ein Töpferkurs, Gesprächsrunden und Atemtherapie. Die Aktivitäten sind alle freiwillig und können je nach Bedürfnis genutzt werden. «Man muss nicht, aber man darf», sagt Bächtold dazu. Was sie den Betroffenen jedoch ans Herz legen, ist ein Gespräch mit der Case Managerin vor der Abreise. Die Betroffenen bekommen so die Gelegenheit, darüber zu sprechen, wie es zu Hause weitergehen soll. «Wir wollen unsere Gäste nicht einfach zurück in dieselbe Belastungssituation schicken. Wir wollen ihnen Ideen mitgeben, wie sie zu Hause ihren Alltag bewältigen können.»
Auf Spender und Gönner angewiesen
Die Eltern bleiben unterschiedlich lange: von ein paar Tagen bis zu sechs Wochen. Feste Tarife gibt es dabei nicht. Die hängen vom Einkommen ab. «Das ist natürlich nicht kostendeckend für uns», sagt Bächtold. Auch wenn sämtliche Helfer – vom Koch bis zur Therapeutin – freiwillig da und ehrenamtlich tätig sind. «Deswegen sind wir von Spendengeldern und Gönnern abhängig.»
Und auch wenn das manchmal herausfordernd wird, soll sich daran nichts ändern. Denn Bächtold weiss, «Hauszeit mit Herz» funktioniert auch deshalb, weil alle ehrenamtlich engagiert sind. Als «Herzensmenschen» haben Betroffene die Helfer bezeichnet. Dem kann Bächtold nur zustimmen: «Wir sind alle mit dem Herzen dabei.» Die Dankbarkeit ist entsprechend gross.
Eine Dankbarkeit, die meist nicht nach aussen getragen wird. Denn Projekte wie «Hauszeit mit Herz» werden nach wie vor als Tabu-Thema wahrgenommen. «Dabei muss sich niemand schämen, um Hilfe zu fragen», so Bächtold. Wer zum Telefonhörer greift und anruft, bei dem ist das Leiden gross. Abweisen will sie gerade deswegen niemanden, aber wenn der Platz fehlt, kann auch «Hauszeit mit Herz» nicht viel machen und muss vertrösten, bis wieder ein Platz frei ist.
Ein Blick in die Zukunft
Deswegen soll es in Zukunft noch mehr Plätze geben. «Wir sind bereits am überlegen, wie wir das Projekt weiter ausbauen können», sagt Bächtold. Nebst mehr Plätzen soll es auch Plätze geben, die die Eltern mit Kind belegen können. Bislang gibt es das nicht. «Wir sind überzeugt, dass die Eltern sich besser ausruhen können, wenn keine Kinder dabei sind», erklärt Bächtold. Aber nicht alle Eltern finden jemanden, der die Kinder in ihrer Abwesenheit betreuen kann. Mit neuen Plätzen könnte es also in Zukunft auch dafür eine Lösung geben.