Rotkreuzer Hudi-Tradition

Handgemachte Fasnachtspuppen suchen neues Zuhause

· Online seit 05.02.2022, 19:25 Uhr
Ein Kapitän, der auf dem Fenstersims sitzt. Eine Hexe, die aus dem Garten winkt oder ein Wäscheweib, welches ab dem Balkon schaut. Insbesondere in der Fasnachtszeit sieht man sie oft wieder, diese Puppen. Seit 22 Jahren macht Ursi Achermann aus Roktreuz solche Fasnachtspuppen. Mittlerweile hat sie so viele, dass der Platz eng wird. Und trennt sich deshalb schweren Herzen von einigen.
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«Sie ist eine der ältesten Puppen. Die hat schon eine grosse Geschichte hinter sich. Sie sass schon an vielen Orten im Dorf», sagt Ursi Achermann. Das Grosi, wie sie die Puppe nennt, ist eine von knapp 70 Puppen, die heute im Lager im Rischer Feuerwehrlokal auf eine Käuferin wartet. Für Ursi Achermann kein einfacher Abschied. «Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge. Aber es muss ja auch wieder Platz geben für Neues.» Die bunten Fasnachtspuppen schmücken zur Fasnachtszeit das Dorfzentrum in Rotkreuz und sind da fast nicht mehr wegzudenken.

Über hundert Hudis

Vor 22 Jahren hat Ursi Achermann die Tradition der Hudis, wie man der Fasnachtspuppe aus Rotkreuz auch sagt, von ihrer Vorgängerin Margrit Gnos übernommen. Die Puppen haben sie fasziniert. « Nach der Fasnacht habe ich Margrit Gnooss gesagt, dass ich auch so eine Puppe möchte.» Gnos winkte ab. Alle möchten eine Puppe haben, aber niemand will dabei helfen, habe sie sich beklagt. Achermann sprang in die Bresche: «Ich komme und helfe dir», hat sie gesagt.

Über die Jahre sind so über hundert Hudis entstanden. Und jedes einzelne Hudi hat ein paar Geschichten zu erzählen. So wie etwa das Grosi, das Ursi Achermann bei ihrem Vater im Altersheim aufgehängt hat. Das sei nicht so gut angekommen. «Sie hatten das Gefühl, jemand wolle runterspringen. Wir mussten das Grosi durch einen Clown ersetzen.»

Puppe zeigt die fünfte Jahreszeit

All zu viele Leute sind heute nicht beim Verkauf erschienen. Aber jene, die gekommen sind, wissen das Handwerk von Ursi Achermann zu schätzen. «So eine Puppe zeigt, dass es eine andere Jahreszeit ist. Man hat etwas Lockerheit und kommt auf andere Ideen», sagt etwa Marianne Fuchs aus Rotkreuz.

Die Hudis seien wie eine Sucht, sagt sie. Immer wieder flickt sie die alten Puppen und macht wieder neue. Eine Nachfolge für Ursi Achermann ist nicht in Sicht. Ihrer Leidenschaft für die Fasnacht geht die 58-Jährige neben Job und Alltag nach, und das ganz alleine. Würden sich weitere helfende Hände melden, würde sich Achermann überlegen, die Tradition doch weiterzuführen. «Es wäre sehr schade, wenn dieses Handwerk aussterben würde.»

Die Rotkreuzer Fasnachtstradition muss weiter gehen. « Ich kann diese Puppen nicht alle auf den Müllhaufen werfen. Soll ich damit ein 1. August-Feuer machen? Nein, das mache ich nicht. Ich habe diese Woche noch zwei Tage frei. Vielleicht hänge ich dann doch noch ein paar Puppen auf, wenn mir jemand hilft. Alleine ist es wirklich etwas umständlich.» Eine Rotkreuzer Fasnacht mit Hudis auf der Strasse gehe eben nur miteinander.

veröffentlicht: 5. Februar 2022 19:25
aktualisiert: 5. Februar 2022 19:25
Quelle: PilatusToday

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