In Sursee herrscht akuter Hausärztemangel
Quelle: PilatusToday/Andreas Wolf
Das Telefon in der Hausarztpraxis von Gabriela Wicki in Sursee klingelt nonstop. «Nein, tut mir leid, wir können im Moment keine neuen Patienten aufnehmen», heisst es dann. So wie bei ihr dürfte es im Moment in vielen Hausarztpraxen in der Region klingen. Der Mangel an Hausärzten an sich ist nichts Neues, doch in der Region Sursee hat sich das Problem noch verschärft.
Der Grund für diese Situation liegt unter anderem in der Schliessung von gleich drei Praxen in Sursee ohne Nachfolgeregelung im letzten Jahr. Die Patienten zweier Praxen konnten zwar durch die neu gegründete Praxis im Surseepark übernommen werden. Die dritte Praxis hat die Kapazität allerdings gesprengt und so sind noch immer viele Patienten auf der sonst schon schwierigen Suche nach einer neuen Hausärztin oder einem Hausarzt.
Wachstum ist eine Herausforderung
Das Problem wird sich noch verschärfen, ist Gabriela Wicki überzeugt. Die Ärztin ist seit mehr als zehn Jahren im Vorstand der Ärztegesellschaft. «Neben dem Hausärztemangel hat die Region in den letzten Jahren auch ein grosses Wachstum erlebt. Dass dabei auch die medizinische Versorgung wachsen muss, wurde nicht mitgedacht.»
Das soll sich ändern, wie Jolanda Achermann, Gesundheitsdirektorin der Stadt Sursee, sagt. «Wenn Investoren kommen und in einem Gebiet bauen wollen, weisen wir darauf hin, dass auch die ärztliche Versorgung geplant wird.» Sie würden dann sehen, dass die Investoren zum Beispiel Räume dafür reservieren, wie etwa jüngst bei der Überbauung Dreiklang in Sursee. «Dort wird eine Praxis entstehen und das beruhigt uns», so Achermann.
«90 Prozent der Fälle kann man in Hausarztpraxis lösen»
Weiter trägt auch die Altersstruktur der Ärzte zum Problem bei. Viele Ärzte würden in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen. Nachwuchs findet sich nur schwer. «Ein Drittel der Leute, die Medizin studieren, arbeitet nachher nicht auf dem Beruf – das ist viel. Ausserdem hat man über mehrere Jahre fast nur Fachärzte ausgebildet und die Ausbildung der Hausärzte vernachlässigt», so Wicki. Das habe sich mittlerweile zum Glück geändert: «Man hat gemerkt, dass das wichtig ist und dass Hausarztpraxen kostengünstig sind. Bis zu 90 Prozent aller Probleme können in der Hausarztpraxis gelöst werden».
Drei Mal mehr Patienten pro Arzt auf dem Land
Trotzdem wird die Knappheit vorerst weiter bestehen bleiben. Junge Ärztinnen und Ärzte seien nicht mehr bereit, so aufwendig zu arbeiten, wie es die Älteren machen. Für den Ersatz von einem älteren Hausarzt brauche es mehr als einen jungen Kollegen. «Ich finde gut, dass die Jungen das nicht wollen. Oft ist es nämlich so, dass wir das, was wir unseren Patienten predigen, nämlich eine Work-Life-Balance, selbst nicht einhalten können.» Die Arbeit beschränke sich nämlich nicht nur auf die Gespräche mit den Patienten, sondern auch auf die Administration und die werde vielfach am Wochenende erledigt. Kommt hinzu: Ein Landarzt betreut drei Mal mehr Patienten als ein Hausarzt in der Stadt oder Agglomeration.
Der Kanton Luzern will sich dem Problem annehmen. Man habe bereits vieles verbessert, sagt Gesundheitsdirektor Guido Graf. Und man wolle weiter motivieren: «Wir werden natürlich unterstützen, wenn jemand zum Beispiel eine Gruppenpraxis eröffnen will oder die Zusammenarbeit mit den Spitälern verbessern», so der Gesundheitsdirektor. Ausserdem habe man gemäss Graf die Talsohle erreicht. Seit einer Anpassung in der Ausbildung gebe es wieder mehr Ärztinnen und Ärzte, die Hausärzte werden wollen.