Rückzahlung Härtefallgelder

«Innovative Unternehmen fühlen sich abgestraft»

12.01.2022, 18:52 Uhr
· Online seit 12.01.2022, 14:15 Uhr
1889 Luzerner Unternehmen haben im vergangenen Jahr insgesamt 232 Millionen Franken an Härtefallhilfen erhalten. Jene Firmen, die trotzdem einen Gewinn erzielten, müssen nun Geld zurückzahlen. Das sorgt allerdings für Diskussionen.

Quelle: Tele 1

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Politik und Wirtschaft hätten noch selten so eng zusammengearbeitet wie beim Härtefallprogramm, sagte der Luzerner Finanzdirektor Reto Wyss (Mitte) am Mittwoch vor den Medien. Er zog eine positive Bilanz zu den Härtefallhilfen, mit denen Bund und Kanton Unternehmen in der Coronakrise unterstützten. Arbeitsplätze seien gesichert worden und Konkurse grösstenteils ausgeblieben.

Angefangen mit einem Hilfsbeitrag von 1,1 Millionen Franken von der Albert Koechlin Stiftung im Herbst 2020, nahm die staatliche Hilfsaktion für private Unternehmen bis Ende 2021 ein Ausmass an, wie man es sich anfänglich nicht habe vorstellen können, sagte Wyss. So hätten alleine zwei Unternehmen im Kanton Luzern je zwischen 5 und 10 Millionen Franken A-fonds-perdu-Beiträge erhalten. 977 Betriebe und damit der Grossteil erhielten Hilfsgelder von bis zu 100'000 Franken, weil sie behördlich geschlossen wurden oder aber weil ihr Umsatz wegen der Pandemie um 40 Prozent oder mehr schrumpfte. Rund 1000 Gesuche stammten aus Gastgewerbe, Hotellerie und Handel.

«Innovative Unternehmen fühlen sich abgestraft»

Erfreulicherweise gebe es Firmen, die zwar Hilfsgelder bezogen, am Ende in den beiden Geschäftsjahren 2020 und 2021 aber trotzdem einen Gewinn erwirtschafteten. Betroffen sein dürften mehr Betriebe als ursprünglich angenommen. Wie viele es sind, klärt die Dienststelle Steuern im Rahmen der Steuerveranlagung ab. Klar ist, dass diese Unternehmen erhaltene Härtefallgelder bis zur Höhe ihrer Gewinne zurückzahlen müssen. 

Viele Betriebe seien auf diese Härtefallgelder angewiesen – trotz Gewinn. Dass sie jetzt Geld zurückzahlen müssen, können viele nicht verstehen, sagt Simon Bachmann von der Treuhandfirma KATAG AG. «Innovative Unternehmer fühlen sich nun abgestraft, weil sie das beste aus der Situation gemacht hatten und doch noch Gewinn erwirtschaften konnten. Sie fühlen sich gegenüber weniger kreativen Betrieben benachteiligt.»

Kanton will Überentschädigungen vermeiden

Der Luzerner Finanzdirektor Reto Wyss kann die Betriebe zwar verstehen, sieht die Situation aber sachlich. «Mir als Finanzdirektor geht es darum, das Vertrauen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufrecht zu erhalten. Wir wollen den Steuerfranken dort einsetzen, wo es notwendig ist und nicht um Unternehmensgewinne zu finanzieren.» So gelte es, Überentschädigungen zu vermeiden. Nur so würden die Härtefallhilfen auch künftig von den Steuerzahlenden mitgetragen, sagt Wyss weiter.

Mehr Zeit für die Rückzahlung fordert die Partei des Finanzdirektors. Kantonsrat Ferdinand Zehnder (Mitte) will mit einem dringlichen Postulat im Kantonsrat erreichen, dass die Rückzahlung von nicht benötigten Härtefallgeldern in der Kompetenz des Kantons um ein Jahr hinausgeschoben wird. Dies mache angesichts der aktuellen unsicheren Situation mit der Omikron-Variante Sinn.

570 Franken pro Einwohner

Von den ausbezahlten 232 Millionen Franken Härtefallgeldern entfallen rund 30 Prozent auf den Kanton, den Rest übernimmt der Bund. Pro Einwohner macht das rund 570 Franken, womit Luzern leicht über dem Schweizer Durchschnitt liegt. Zusammen mit Kurzarbeitsentschädigung, Covid-Krediten und weiteren Hilfsbeiträgen seien im Kanton über 2 Milliarden Franken für Wirtschaft und Kultur bereitgestellt worden, sagte Wyss.

«Sicherheit in Aussicht stellen»

Der Finanzdirektor sagte, der Kanton Luzern stelle für betroffene Firmen auch weiterhin Sicherheit in Aussicht. Derzeit läuft die Vernehmlassung bei den Kantonen zur zweiten Härtefallregelung des Bundes. Sie soll ab März in Kraft treten.

«Wir werden am Bundesprogramm sicher teilnehmen», sagte Wyss. Dabei dürften vor allem die Gastronomie, Hotellerie, Event- und Schausteller-Branche im Fokus stehen, denen nicht gedeckte Fixkosten entschädigt würden. Der aktuelle Vorschlag des Bundes lege aber mehr Gewicht auf die Eigenverantwortung der Unternehmen.

veröffentlicht: 12. Januar 2022 14:15
aktualisiert: 12. Januar 2022 18:52
Quelle: sda

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