Keine Kapazitäten mehr

Jetzt müssen die Zentralschweizer Spitäler die Triage vornehmen

10.12.2021, 18:23 Uhr
· Online seit 10.12.2021, 15:57 Uhr
Die Intensivstationen der Zentralschweizer Spitäler sind so stark ausgelastet, dass das Pflegepersonal entscheiden muss, wer einen Platz bekommt und wer nicht. Die Zentralschweizer Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (ZGDK) rufen daher dringend zur Corona-Impfung auf.
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Die Pandemie bringe die Spitäler zusehends an ihre Belastungsgrenze. Immer mehr Intensivbetten seien belegt und immer weniger Gesundheitspersonal stehe zur Verfügung, heisst es in einer Mitteilung der ZGDK vom Freitag. Eine sogenannte Triage bei der Vergabe der Intensivplätze sei bereits Realität. Dabei sei der Impfstatus einer Person kein Kriterium. Vielmehr erhalten jene einen Platz, die gute Chancen haben, wieder gesund zu werden. Dies sei ohne Intensivbehandlung allerdings kaum möglich.

In der Zentralschweiz sind derzeit insbesondere das Luzerner Kantonsspital und die Hirslanden Klinik St. Anna betroffen, erklärt der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf auf Anfrage von PilatusToday und Tele 1. Aber auch die Regionalspitäler füllen sich immer mehr und werden laut Graf früher oder später eine Triage vornehmen müssen.

Guido Graf ist überrascht, wie stark die Zentralschweizer Spitäler aktuell ausgelastet sind. Er glaube, dass es sogar noch schlimmer sei als vor einem Jahr: «Ein Corona-Patient bleibt massiv länger auf der Intensivstation als andere Patienten. Ein Corona-Fall auf der IPS bindet so viele Ressourcen wie fünf bis acht Herzoperationen.»

Luzerner Kantonsspital musste noch keine IPS-Patienten abweisen

Operationen und Krebsbehandlungen mussten zwar bereits verschoben werden. Allerdings sei es im Luzerner Kantonsspital LUKS noch nicht zur eigentlichen Triage gekommen, heisst es auf Anfrage von PilatusToday und Tele 1. «Glücklicherweise hat die harte Form der Triage, bei der ein Patient oder eine Patientin auf der Intensivstation einer anderen Person Platz freimachen muss, bisher in keinem Luzerner Spital stattgefunden», so das LUKS. Es sei allerdings nicht auszuschliessen, dass es dazu kommen könne und auf diese Situation wolle man vorbereitet sein.

Auch in der Hirslanden Klinik St. Anna ist bisher zu keiner harten Triage gekommen, schreibt das Spital in einer Mitteilung. Allerdings werden seit Oktober Operationen verschoben. Die Hirslanden Klinik sei derzeit voll ausgelastet. Auch die Intensivpflegestationen seien meist voll besetzt. Rund die Hälfte der IPS-Betten wird von Covid-Patientinnen und -Patienten belegt.

Impfung könnte Spitäler entlasten

Weil auch die Notfallstationen stark ausgelastet seien, könne die gewohnte Qualität bei der Behandlung nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Luzerner Gesundheitsdirektor und ZGDK-Präsident, Guido Graf, ruft daher zur Impfung gegen das Coronavirus auf. Denn die allermeisten Corona-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen seien nicht geimpft.

Auf seinem Blog schreibt Graf: «Bitte seien sie solidarisch und lassen sie sich impfen, die Lage ist dramatisch.» Der Kanton Luzern weise mit 400 bis 600 Neuansteckungen pro Tag schweizweit überdurchschnittlich hohe Fallzahlen auf. Der kantonale Führungsstab habe Unterstützung durch den Zivilschutz beantragen müssen. Aktuell laufen zudem Vorabklärungen, um nötigenfalls Hilfe durch die Armee zu erhalten.

Druck auf Spitäler nimmt laut Experten zu

Laut Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den koordinierten Sanitätsdienst, haben aktuell 30 Spitäler keine zertifizierten Intensivbetten mehr frei. Schweizweit liege die Reserve bei 140 Betten: «Der Druck nimmt zu», sagte Stettbacher am Freitag vor den Medien in Bern. Man habe nicht mehr auf Vorrat Betten frei. «Wir haben heute knapp genügende Reserven und müssen sehr Sorge tragen zu ihnen.»

Dass während der Pandemie in vielen Spitälern das Personal weggelaufen sei, begründete Gesundheitsminister Alain Berset mit der Erschöpfung. Diese Entwicklung sei auch in vielen anderen Ländern zu beobachten. Die Kantone haben laut Berset versucht, «überall, wo es möglich war, Personal zu rekrutieren».

veröffentlicht: 10. Dezember 2021 15:57
aktualisiert: 10. Dezember 2021 18:23
Quelle: SDA/PilatusToday

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