Urteil

Luzerner Türsteher freigesprochen

01.04.2020, 08:26 Uhr
· Online seit 01.04.2020, 07:45 Uhr
Ein Türsteher, der 2014 einen aggressiven Gast einer Luzerner Bar ausser Gefecht setzte, hat dessen schwere Verletzung nicht in Kauf genommen. Das Gericht sprach den Sicherheitsmann frei. Das Opfer hatte sich bei der Aktion den Hals gebrochen.
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Das Luzerner Kriminalgericht zweifelt nicht daran, dass der heute 46-jährige ehemalige Türsteher dem Gast die Verletzungen zugefügt hat, wie aus dem begründeten Urteil hervorgeht, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Er habe einen gewaltigen Druck auf die Halswirbelsäule des bäuchlings auf dem Boden liegenden Mannes ausgeübt.

Der Gast war in jener Mai-Nacht betrunken und stand unter Drogen. Nach einer verbalen Auseinandersetzung ging er mit einer Flasche auf den Türsteher los. Der Sicherheitsmann setzte Pfefferspray ein, packte den Arm mit der Flasche, drehte diesen dem Angreifer auf den Rücken und führte den Mann zu Boden.

Das 34-jährige Opfer, das vor Gericht als Privatkläger auftrat, bewegte sich plötzlich nicht mehr. Es erlitt einen Halswirbelbruch mit akuter Halbseitenlähmung, kann heute aber wieder gehen. Die Staatsanwaltschaft beantragte gegen den Türsteher wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung und Unterlassen der Nothilfe drei Jahre Gefängnis teilbedingt.

Polizeigewalt-These verworfen

Die Verteidigung forderte einen Freispruch und brachte die These ins Spiel, dass die Polizei, die den Gast nicht unzimperlich in den Einsatzwagen bugsierte, Schuld an der Verletzung sein könnte. Diese These verneint das Gericht.

Der Beschuldigte habe mit seinem Körpergewicht von 120 Kilogramm zumindest für einen kurzen Moment Druck auf die Halswirbelsäule des Privatklägers ausgeübt. Dieser Druck habe die Verletzungen verursacht und könne nicht weggedacht werden.

Der Vorwurf der Anklage, dass der Beschuldigte die schweren Verletzungen des Privatklägers in Kauf genommen habe, seien indes nicht stichhaltig, hält das Gericht fest. Die Handlungen des Türstehers liessen keine Bestrebung erkennen, den Privatkläger zu verletzen.

«Schonend vorgegangen»

Er habe sich gegen dessen Angriff gewehrt, dabei sei er schonend vorgegangen. Er habe den Angreifer weder geschlagen noch getreten oder gewürgt und auch seine beim Kickboxen erlernten Fähigkeiten nicht angewendet. Die gravierenden Verletzungen seien auf eine Verkettung unglücklicher und vom Privatkläger verschuldeter Umstände zurückzuführen.

Es seien sämtliche Voraussetzungen der rechtfertigenden Notwehr erfüllt. Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe freizusprechen, die Verfahrenskosten müsse der Staat tragen. Gegen das Urteil hatten die Staatsanwaltschaft und der Vertreter des Privatklägers Berufung angemeldet.

veröffentlicht: 1. April 2020 07:45
aktualisiert: 1. April 2020 08:26
Quelle: sda

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