Unverständnis

Sexarbeiterinnen sollen Impfstatus öffentlich machen

· Online seit 13.08.2021, 11:48 Uhr
In der Westschweiz sollen die Sexarbeiterinnen angeben, ob sie geimpft sind oder nicht. Das stösst beim Luzerner Verein «Lisa» auf Unverständnis. Wenn schon, müssten sich auch die Freier ausweisen, um im Gegenzug den Sexarbeitenden Sicherheit zu geben.
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«Andere Berufe wie Masseurinnen und Coiffeure und das Pflegepersonal müssen ihren Impfstatus ja auch nicht angeben, obwohl sie ebenfalls nahen Körperkontakt zu anderen Menschen haben», sagt Eliane Burkart, Geschäftsleiterin des Vereins «Lisa». Es sei für alle Menschen wichtig, unabhängig von ihrem Arbeitsfeld, sich weiterhin an die nötigen Hygiene- und Schutzmassnahmen zu halten. Und dies immer beidseitig, betont Burkart.

Fehlende Kundschaft als Auslöser

Die Diskussion ins Rollen gebracht hat laut «Blick» das Escort-Verzeichnis «bemygirl.ch». Der Chef der Internetseite betont zwar, dass die Frauen nicht angeben müssen, ob sie geimpft sind. Aber wenn sie es wollen, könnten sie es tun. Das Angebot begründet er mit der fehlenden Kundschaft seit Anfang der Pandemie.

Bei einem Westschweizer Bordell heisst es, dass sie ihre Sexarbeiterinnen nicht zwingen würden den Impfstatus anzugeben. Aber sie würden sie darum bitten.

Freier fragen gar nicht danach

Laut Burkart hat bis heute noch keine Sexarbeiterin erzählt, dass ein Freier nach einem Covid-Zertifikat gefragt hat. «Ich kann mir also nicht vorstellen, dass die Angabe des Impfstatus auf Nachfrage der Kunden basiert.»

Des Weiteren mache die Kennzeichnung ihrer Meinung nach wenig Sinn, da man Stand heute weiss, dass die Impfung keinen 100-prozentigen Schutz vor einer Corona-Ansteckung garantiere. Das bedeute auch, dass eine vollständige Impfung kein Freiticket sei. Nicht nur auf Corona bezogen, sondern auch für andere Krankheiten, Infektionen und Viren – Stichwort «Safer Sex».

Impfbereitschaft ist da

Beim Verein «Lisa» haben sich vor gut zwei Wochen 18 Sexarbeiterinnen die zweite Impfdosis spritzen lassen (PilatusToday berichtete). «Vor allem für den Selbstschutz», sagt die Sexarbeiterin Paula. Sie könne ihren Klienten nicht alles glauben. «Wenn sie mir die Impfkarte zeigen und sagen, sie hätten die Impfung gehabt. Das kann ich nicht kontrollieren, sie kommen ja direkt zu mir.» Sie sei beruhigt, dass sie nun vollständig geimpft sei.

Impfaktion hat nicht mehr Kunden gebracht

Doch auch nach dieser Impfaktion haben die Luzerner Sexarbeiterinnen nicht viel mehr zu tun. Burkart denkt, dass die ganze Pandemie die Leute zum Umdenken gebracht hat. Es wurde uns ständig eingetrichtert, nahen Körperkontakt zu vermeiden. «Ich gehe davon aus, dass sich viele Klienten zur jetzigen Zeit zweimal überlegen, ob sie eine Sexarbeiterin besuchen wollen oder nicht.»

Hinzu komme, dass die Sicherheit des Arbeitsplatzes bei vielen Menschen nicht mehr ganz so gewiss sei und somit das Geld weniger für sexuelle Dienstleistungen ausgegeben wird. Erfahrungsgemäss sei im Sommer tendenziell sowieso weniger los im Erotikgewerbe, da viele in den Ferien sind. «Dies war auch schon vor der Pandemie der Fall», so Burkart.

(red.)

veröffentlicht: 13. August 2021 11:48
aktualisiert: 13. August 2021 11:48
Quelle: PilatusToday

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