Luzerner Mordserie

«Todespfleger» Roger A. ist der berüchtigtste Serienmörder der Schweiz

· Online seit 13.09.2021, 18:29 Uhr
Im Sommer vor 20 Jahren klicken im Alterszentrum Eichhof in Luzern die Handschellen. Pfleger Roger A. wird verdächtigt, eine oder mehrere Patientinnen ermordet zu haben. Wenig später wird klar: Der 32-jährige Luzerner hat noch viel mehr Menschen auf dem Gewissen. Die Erkenntnis markiert den Auftakt zum schwarzen Herbst.

Quelle: Tele 1

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Quelle: PilatusToday

Als Margrit Meyer 2005 das erste Urteil liest, stellt sich seit langer Zeit so etwas wie ein Gefühl der Gerechtigkeit ein. Der Mann, der im Jahr 2000 ihre Mutter tötete, soll lebenslänglich ins Gefängnis. «Wenn ich an all die Opfer denke, die nicht gefragt wurden, ob sie aus dem Leben scheiden wollen, glaube ich nicht, dass man mit ihm Erbarmen haben muss», sagt sie fünf Jahre später gegenüber von «Tele Tell» (heute Tele 1).

Margrit Meyers Mutter ist eines von insgesamt 22 Opfern, die der heute 52-Jährige auf dem Gewissen hat. Die Tötungsdelikte beging er zwischen 1995 und 2001 in verschiedenen Zentralschweizer Alters- und Pflegeheimen. Seine Tatwaffe: ein Plastiksack auf dem Gesicht der betagten Opfer oder ein tödlicher Cocktail von Beruhigungsmitteln.

Das letzte Opfer von A. stirbt am 28. Juni 2001 – einen Tag später wird er geschnappt. Eine Verhaftung auf gut Glück, wie sich später herausstellt. Denn die Ermittler haben zu diesem Zeitpunkt wenig gegen den Pfleger in der Hand. Der damalige forensische Mediziner und heutiger Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri dazu gegenüber «Tele Tell»:

Quelle: Archiv: Tele 1

Es sind die Kolleginnen und Kollegen von A. im Eichhof, denen bereits im Frühling auffällt, dass sich während der Schichten von A. die Todesfälle häufen. Acht Menschen im Eichhof wurden zu diesem Zeitpunkt durch ihren Pfleger umgebracht. Die Heimleitung wird informiert, die Polizei weiss seit Mitte Juni vom Verdacht. Als die nächste Person während der Schicht von Roger A. stirbt, rückt die Polizei aus. 12 Polizisten erscheinen im Alterszentrum Eichhof und befragen das Personal. Auch die Wohnung von Roger A. wird durchsucht, er zur Sicherheit festgenommen. Bei der Einvernahme ist der «Todespfleger» sofort geständig. Dies erleichtert die Überführung ungemein, wie sich zeigt, denn Beweise gab es keine:

Der Pfleger gesteht weitere Morde und gibt zu, auch in anderen Pflegeheimen getötet zu haben. Die traurige Bilanz: 22 Menschen, getötet von der Person, der sie ihre Pflege im Alter anvertraut haben. Roger A. ist damit der Serienmörder mit den meisten Todesopfern in der Geschichte der Schweiz.

Mitleid, Überforderung, Macht

Er habe aus Überforderung und Mitleid gehandelt, gab der angeklagte Roger A. 2005 vor dem Luzerner Kriminalgericht zu verstehen. Er habe seine Opfer von ihren Schmerzen «erlösen» wollen. Zudem seien er und seine Kolleginnen und Kollegen mit der Arbeit in den Pflegeheimen überfordert gewesen. Eine ehemalige Kollegin von A. hielt diese Argumente im Nachgang der Verhandlung für unglaubwürdig, wie sie gegenüber «Tele Tell» sagte. Sie gehe davon aus, Roger A. habe mit seinen Taten Macht ausüben wollen.

Quelle: PilatusToday

Diese Vorwürfe stritt Roger A. nicht ab. Seine letzten Worte vor dem Luzerner Kriminalgericht:

Wer ist Roger A.? Seit 20 Jahren sicher kein freier Mann mehr. 2006 wird er vom Luzerner Kantonsgericht auch in zweiter Instanz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Kaum Chancen auf vorzeitige Entlassung

Kontaktanfragen von Medienschaffenden lehnt er kategorisch ab, heisst es dazu auf Anfrage bei der Luzerner Justiz. Lebenslänglich verurteilte Straftäter haben nach 15 Jahren die Chance, vorzeitig bedingt aus der Haft entlassen zu werden. Auch Roger A. will wieder aus dem Gefängnis raus. Er und seine Anwälte stellen seit fünf Jahren immer wieder entsprechende Anträge, immer wieder wurden sie abgelehnt – zuletzt im Juni dieses Jahres. Es könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass der «Todespfleger» in Freiheit nicht wieder straffällig werde, so die Begründung. Und somit könnte es durchaus sein, dass Roger A. den Rest seines Lebens eingesperrt bleibt.

veröffentlicht: 13. September 2021 18:29
aktualisiert: 13. September 2021 18:29
Quelle: PilatusToday

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