Auch eine allfällige Massnahmebedürftigkeit müsse geprüft werden, teilte das Luzerner Kriminalgericht in seinem Rechtsspruch vom Montag mit. Bis zum Vorliegen des Gutachtens werde das Verfahren deshalb stillgelegt.
Der 37-jährige Beschuldigte sei nach 27 Tagen trotz dringendem Tatverdacht und offensichtlicher Fluchtgefahr ohne Ersatzmassnahmen aus der Untersuchungshaft entlassen worden, schrieb das Gericht. Seither befinde sich der Beschuldigte gemäss seinem Verteidiger mutmasslich in Polen. Weder ihm noch der Familie sei die Kontaktaufnahme gelungen, sagte der Verteidiger am Prozess vom 3. September.
«Wie in einer anderen Welt»
Laut Zeugenbefragungen hat sich der Beschuldigte in der Woche vor der Tat seltsam verhalten, hiess es während des Prozesses. Er habe unter anderem die Arbeit verweigert und teilweise nicht reagiert, wenn man ihn ansprach. Ein Zeuge gab an, dass er im Kopf «wie in einer anderen Welt» gewesen sei.
Auch gab der Beschuldigte bei einer Einvernahme an, schon in psychiatrischer Behandlung gewesen zu sein. Damals habe er seine Arbeit verloren, da er sich nicht mehr habe konzentrieren können. Der Psychiater verschrieb ihm Medikamente, welche er später absetzte.
Forensisch-psychiatrisches Gutachten angeordnet
Aufgrund dieser Erwägungen bestehen für das Kriminalgericht erhebliche Zweifel an der Schuldfähigkeit des Beschuldigten, wie es hiess. Die vorliegende Strafsache wird deswegen an die Staatsanwaltschaft Sursee zurückgewiesen.
Diese habe nun die Aufgabe, ein forensisch-psychiatrisches Gutachten in die Wege zu leiten, sagte Christian Renggli, Mediensprecher der Luzerner Gerichte, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sollte sich herausstellen, dass sich der Beschuldigte nicht in der Schweiz aufhält, wird die Staatsanwaltschaft auf die Rechtshilfe der polnischen Behörden angewiesen sein.
Freiheitsstrafe von sieben Jahren gefordert
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, im September 2022 einen Mitarbeiter mit einem Fusstritt in einen Schacht gestossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren sowie einen Landesverweis von zwölf Jahren. Der Verteidiger forderte den Freispruch.
(sda)