Frontex-Abstimmung

Weltbekannte Aktivistin Carola Rackete wirbt in Luzern für ein Nein am 15. Mai

· Online seit 20.04.2022, 13:33 Uhr
Im Kanton Luzern sind Linke und verschiedene soziale Bewegungen gegen die Beteiligung der Schweiz am Ausbau der europäischen Grenzagentur Frontex. An einer Pressekonferenz in Luzern haben sie nun Unterstützung der prominenten Seenotretterin erhalten.
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Am Dienstag ertönten vor der Hofkirche in Luzern deutliche Worte durch ein Mikrofon. «Gewalt, Elend und Tod sind an den Aussengrenzen Europas Alltag geworden. Flüchtende und Migrierende werden entrechtet, geprügelt und abgeschoben. Als europäische Grenz- und Küstenwache ist Frontex mitverantwortlich», sagte Miriam Helfenstein vom Frontex-Referendumskomitee und eröffnete damit die Medienkonferenz, wie die «Luzerner Zeitung» berichtet.

Neben ihr sitzen Anna-Lea Rohrer vom NoFrontex-Komitee Luzern, Angie Addo vom feministischen Streik Luzern, Grüne-Kantonsrätin Laura Spring (Luzern) und die weltbekannte politische Aktivistin Carola Rackete aus Deutschland. Sie alle machen sich für ein Nein zur Vorlage zum Ausbau der Frontex, die in dreieinhalb Wochen an die Urne kommt, stark. Am 15. Mai stimmen die Schweizer Stimmberechtigten über die Aufstockung des finanziellen Beitrags an Frontex ab.

«Rassistische Abschaffungspolitik» und «organisierte Verbrechen»

Um das Referendum hierzulande zu unterstützen, weilt Rackete nun einige Tage in der Schweiz – nach Luzern tritt die 33-Jährige in den nächsten Wochen mit lokalen Vertreterinnen und Vertretern des Referendums auch in anderen Städten öffentlich auf. Internationale Prominenz erlangte Rackete 2019, als sie als Kapitänin der «Sea-Watch 3» mehrere Dutzend Geflüchtete aus Libyen im Mittelmeer aus Seenot rettete und trotz Verbot der italienischen Behörden den Hafen Lampedusas ansteuerte. Sie setzt sich für sichere Fluchtwege ein; die Grenzschutzagentur der Europäischen Union kritisiert sie schon länger. Vor zwei Jahren gründete sie darum das Netzwerk Abolish Frontex, das die Abschaffung der europäischen Grenzschutzbehörde zum Ziel hat – was wiederum der Grund für ihre Unterstützung der Vorlagengegnerschaft hier in der Schweiz ist.

«Es vergeht kaum eine Woche ohne einen Skandal der Agentur», sagt Rackete und spricht nebst Fällen von Menschenrechtsverletzungen etwa davon, dass der Fokus auf Militarisierung und Überwachung liege und das Geld statt in Rettungsschiffe in die Flugwache investiert werde. Vom Argument, dass ein Teil der geplanten finanziellen Aufstockung dafür verwendet werden soll, die Grundrechte stärker zu schützen, hält Rackete nichts. Sie glaubt nicht an eine tatsächliche Umsetzung. Schliesslich sei etwa der Einsatz von Menschenrechtsbeobachterinnen und -beobachtern schon in der Vergangenheit nicht wie im Frontex-Mandat festgehalten realisiert worden. «Und selbst wenn es mehr Menschenrechtsbeobachterinnen und -beobachter gäbe und sie ihren Job vernünftig machen, könnten sie das System wohl kaum ändern», sagt sie und wirft Frontex eine «rassistische Abschaffungspolitik» und «organisierte Verbrechen gegen Menschen auf der Flucht» vor.

Instrumente für sichere Fluchtwege wären bekannt

Angesprochen auf das wohl meistgenannte Argument der Befürworterschaft, die Schweiz riskiere bei einem Nein ihren Ausschluss aus dem Schengener Abkommen, wehrte sich Kantonsrätin Spring. Sie hält dieses Szenario für unrealistisch. «Bei einem Nein hat die Schweiz Zeit für Verhandlungen und die Möglichkeit, neue Verträge aufzusetzen», sagt sie und schlägt etwa einen neuen Fokus auf die Seenotrettung oder die Wiedereinführung des Botschaftsasyls vor. Auch für Rackete ist klar: «Es gäbe viele Möglichkeiten für sichere Fluchtwege, deren Rezepte bekannt sind. Wir müssen einfach die Türen, die wir in den vergangenen Jahren schlossen, wieder aufmachen.»

veröffentlicht: 20. April 2022 13:33
aktualisiert: 20. April 2022 13:33
Quelle: Luzerner Zeitung /Livia Fischer

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