«Das Ende einer Ära»

Wieder zu wenige Anmeldungen für die Wirtschaftsmittelschule Willisau

23.03.2022, 16:02 Uhr
· Online seit 23.03.2022, 14:21 Uhr
Nur sechs Jugendliche haben die Aufnahme an die Willisauer Wirtschaftsmittelschule bestanden. Nun will der Kanton dort keine neuen Klassen bilden. Wird der Mittelschulstandort bald aufgehoben?
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Nun ist es definitiv: An der Wirtschaftsmittelschule Willisau kann wiederum kein neuer Jahrgang starten. In einer Medienmitteilung bestätigt das kantonale Bildungs- und Kulturdepartement entsprechende Recherchen der «Luzerner Zeitung». Die Anmeldungen für die WMS seien zu gering gewesen. Von zehn angemeldeten Schülerinnen und Schülern erfüllten nur sechs die Aufnahmebedingungen. Mindestens 14 Jugendliche hätte es für das Führen einer 1. Klasse benötigt.

Die betroffenen sechs Jugendlichen können die Wirtschaftsmittelschule in Luzern besuchen. Dort beginnen im August wiederum drei Parallelklassen mit dem ersten Schuljahr. Die bestehenden zwei oberen Klassenzüge verbleiben in Willisau.

Das Ende war absehbar

Martin Bisig, Rektor der Kantonsschule Willisau ist enttäuscht: «Wir hatten bis zuletzt gehofft, wieder eine 1. Klasse führen zu können und haben uns nochmals ins Zeug gelegt.»

Dass es eng werden würde, war allerdings absehbar. Schon im Sommer vergangenen Jahres konnte in Willisau kein neuer Jahrgang starten. Sieben Schülerinnen und Schüler wurden nach Luzern umgeteilt. Auf der Landschaft befürchtete man schon damals, dass dies das Ende für die WMS bedeuten könnte.

Das bewahrheitet sich nun: Der Kanton hat bereits beschlossen, keinen weiteren Versuch zu Gunsten der WMS Willisau zu unternehmen. Auch im Schuljahr 2023/24 werde keine 1. Klasse geführt. Der Kanton begründet dies damit, dass es zweimal hintereinander «wesentlich zu wenige Anmeldungen» gegeben habe, und dass eine Reform der Ausbildung im kaufmännischen Bereich anstehe.

Hebt der Kantonsrat den Standort Willisau auf?

Bedeutet dies das Ende der Wirtschaftsmittelschule in Willisau? So deutlich drückt sich das Bildungs- und Kulturdepartement nicht aus. Die kaufmännische Ausbildung sei im Umbruch, die Nachfrage für die Wirtschaftsmittelschule seit einigen Jahren eher rückläufig. «Es macht daher schulorganisatorisch und bildungspolitisch Sinn, die Schülerinnen und Schüler an einem Standort zu unterrichten», erklärt Christof Spöring, Leiter der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung. Doch den WMS-Standort Willisau kann das Departement nicht eigenmächtig aufheben, dazu bräuchte es einen Beschluss des Kantonsrats. Noch gibt es keine Pläne, dem Parlament einen entsprechenden Antrag zu unterbreiten.

Trotz des noch nicht angestossenen politischen Prozesses sagt Rektor Bisig: «Nach über 30 Jahren geht die Ära der Wirtschaftsmittelschule Willisau zu Ende. Das ist für den hiesigen Bildungsstandort bedauerlich.» Mit den Abgängerinnen und Abgängern habe man immer gute Erfahrungen gemacht, sie seien als gut vorbereitete Kaufleute in Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben gefragt gewesen und hätten keine Probleme gehabt, passende Stellen zu finden.

Verständnis zeigt Bisig dafür, «dass der Kanton keine Klassen im Unterbestand führen will». Gemäss früheren Angaben der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung kostet eine Klasse 300'000 Franken pro Jahr. «Es ist finanziell gegenüber den Steuerzahlenden nicht vertretbar, zu kleine Klassen zu führen und den Ausbildungsgang damit künstlich am Leben zu erhalten», so Dienststellenleiter Spöring.

Für alle Lehrpersonen wurde eine Anschlusslösung gefunden

Der Entscheid des Kantons gebe immerhin Planungssicherheit, sagt Rektor Bisig. Das war vor rund einem Jahr noch anders: Damals entschied der Kanton zu spät, auf eine neue Klasse an der WMS Willisau zu verzichten; die Verträge mit den Lehrpersonen waren bereits abgeschlossen. Auf das zweite Semester hin musste die Schule deshalb die Pensen mehrerer Lehrpersonen mittels Änderungskündigung senken. Nun aber habe man für alle Betroffenen eine Anschlusslösung finden können, so Bisig, «entweder bei uns am Gymnasium oder an anderen Schulen».

Beim Verband der Luzerner Mittelschullehrpersonen ist man froh, dass die Pensen gesichert werden konnten, wie dessen Präsident Markus Elsener sagt. Ein grosses Anliegen ist ihm, dass der Kanton auch zu den kleineren Schulstandorten Sorge trägt. «Aus bildungs- und regionalpolitischer Sicht sollte man diese stützen, damit sie auch längerfristig gesichert sind.» Falle ein Angebot weg, werde der Standort geschwächt. Elsener fragt sich, wie wichtig dem Kanton die Wirtschaftsmittelschule noch ist oder ob er diesen Bildungsgang als Auslaufmodell betrachte. Eine klare Antwort darauf erwartet er so bald als möglich von den politischen Verantwortlichen.

Neben der Hiobsbotschaft gibt es von der Kantonsschule Willisau auch eine gute Nachricht. Nachdem die Anmeldezahlen fürs Gymnasium – wohl auch wegen fehlender Besuchsangebote während der Pandemie – zuletzt leicht rückläufig waren, sind sie nun gestiegen. Am Langzeitgymnasium starten im Sommer wieder vier 1. Klassen, am Kurzzeitgymnasium sind es zwei. Insgesamt werden an der Kanti damit 25 Klassen geführt – eine mehr als im aktuellen Schuljahr.

Kanti Willisau will Kurzzeitgymnasium stärken

«Damit entwickelt sich der Schulstandort Willisau im Bereich der gymnasialen Bildung positiv», schreibt der Kanton anerkennend. Auch Rektor Martin Bisig stimmt diese Entwicklung positiv. «Wir sind zuversichtlich, dass wir die Zahl von 25 Klassen halten oder sogar noch steigern können.» Dass nach dem Ende der WMS ein anderer neuer Schultyp nach Willisau kommt, ist gemäss Kanton nicht vorgesehen. Martin Bisig sagt mit Blick auf die positive Entwicklung am Gymnasium. «Wir hoffen, dass wir den Standort speziell auch für das Kurzzeitgymnasium stärken können.»

veröffentlicht: 23. März 2022 14:21
aktualisiert: 23. März 2022 16:02
Quelle: Luzerner Zeitung / Christian Glaus

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