Quelle: PilatusToday/Andreas Wolf
Die Zimmer wurden mit viel Liebe eingerichtet, die Wände sind frisch gestrichen und im ersten Stock riecht es nach Schokoladenkuchen. Die erste Helferin steht bereits in der Küche und bereitet das Essen für die beiden Mütter, die am Montag ankommen, vor. «Ich bin hier, weil ich sehr gerne koche. Ausserdem kann ich mich gut in die Eltern hineinversetzen, die hierher kommen», sagt Tanja Hodel während sie den Kuchen aus dem Backofen nimmt. «Auch ich habe einen kleinen Sohn zu Hause und wäre froh um eine Auszeit gewesen.» Die Egolzwilerin ist eine der über 30 freiwilligen Helferinnen und Helfern, welche in diesem Projekt mitwirken.
Dieses soll Familien Raum geben, welche von zu Hause zwischenzeitlich Abstand brauchen. Mitbegründerin Sandra Tüscher ist es wichtig, einen Ort anzubieten, an dem Eltern oder auch ganze Familien runterfahren können. «Die Idee ist, dass man sich eine kurze Auszeit nehmen kann, wenn man merkt, dass man an den Anschlag kommt.» Die Auszeit kann von drei Nächten bis zu sechs Wochen gehen – egal ob mit oder ohne Kinder.
«Es liegen strenge zehn Monate hinter uns»
Der Altbau im Surseer Altstädtli wurde zum grössten Teil renoviert. «Es liegen strenge zehn Monate hinter uns», sagt Sévérine Bächtold, die Präsidentin des Vereins «Hauszeit mit Herz», während sie mit einer Tasse Kaffee in der Hand ins Esszimmer geht.
Bereits im Januar wollte der Verein ein Haus für erschöpfte Eltern eröffnen. Dieses sollte in der Nähe des Bahnhofs Sursee entstehen. «Der Bau der Räumlichkeiten war in vollem Gange. Als es schliesslich um die Vertragsbedingungen ging, konnten wir uns jedoch nicht mit dem Vermieter einigen», so Bächtold. Die ganze Aktion wurde abgebrochen und der Verein machte sich auf die Suche nach neuen Optionen. «Über 50 Liegenschaften haben wir uns angesehen, in Frage kamen einige, doch es war schwierig, eine Bewilligung für unser Vorhaben zu bekommen.»
Auf freiwillige Helfende und Spender angewiesen
Ende August erhielt der Verein schlussendlich die Bewilligung für die Räumlichkeiten am Mühleplatz 1 in Sursee. Sie bieten Platz für fünf Elternpaare oder auch Einzelpersonen. «Nun musste es schnell gehen», so die Mutter von vier Kindern. Zwei Monate hatten sie Zeit, um alles zu renovieren und einzurichten. «Wir haben es tatsächlich geschafft! Ein grosses Dankeschön geht an alle Helferinnen und Helfer.»
Dank den 40'000 Franken, die der Verein mit Hilfe eines Crowdfundings sammeln konnte, sei das Startkapital gesichert. Dennoch seien sie auf Gönner, Spender und freiwillige Helfer angewiesen. «Ich bin überwältigt von all den Freiwilligen, die wir von unserem Vorhaben überzeugen konnten. Uns unterstützen unter anderem Sozialarbeiterinnen, Psychologen und Hausfrauen.»
«Eine Sicherheit haben wir nicht, doch ich schaue optimistisch in die Zukunft»
«Unser Projekt kann man mit einem Hotel vergleichen. Erschöpfte Eltern dürfen ohne Einweisung oder ärztliche Verordnung zu uns kommen», so Bächtold. Pro Übernachtung zahle man einen Betrag. «Uns ist es wichtig, dass jeder, der eine Auszeit braucht, zu uns kommen kann. Die Kosten für die Übernachtungen passen wir dem Einkommen an.»
In welche Richtung sich dieses Projekt entwickelt, sei schwer einzuschätzen. «Eine Sicherheit haben wir nicht, doch ich schaue optimistisch in die Zukunft», so die Präsidentin. «Die Nachfrage ist da. Ich bin überzeugt, dass viele Eltern froh sind über so ein unbürokratisches Angebot.» Bereits in der ersten Woche seien drei der fünf Zimmer belegt.