Kehrsiten

«Menschenverachtend und unwürdig» – Nach Strassensanierung folgen Anzeigen

03.09.2022, 20:54 Uhr
· Online seit 03.09.2022, 20:40 Uhr
Zwei Familien haben gegen den damaligen Regierungsrat Josef Niederberger und weitere Personen, die an der Sanierung der Kehrsitenstrasse beteiligt waren, Strafklagen eingereicht. Nachdem die Staatsanwaltschaft Nidwalden diese zurückgewiesen hat, haben sie Beschwerde beim Obergericht eingelegt.

Quelle: Tele 1

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Im Visier der beiden erzürnten Familien sind der ehemalige Baudirektor Josef Niederberger, zwei weitere Mitarbeitende der Baudirektion sowie der Bauleiter für den Ausbau der Strasse. Grund der im Dezember 2021 eingereichten Klage: Nötigung, Gefährdung des Lebens und Freiheitsberaubung.

Sie sind wütend, weil sie durch die Bauarbeiten über längere Zeit massiv beim Zugang und beim Verlassen ihrer Wohnorte eingeschränkt gewesen seien, und bezichtigen die Behörden des «Staatsterrors» und eines «menschenverachtenden und unwürdigen» Verhaltens. Sie hätten unter Lebensgefahr die Baustelle überqueren müssen und der Kanton habe sie vorsätzlich mit falschen Informationen versorgt und bewusst angelogen. Erst nach zähen Verhandlungen durch ihren Rechtsbeistand hätte ein individuelles Mobilitätskonzept erstritten werden können.

Die Fähre, welche für die anderen Einwohnerinnen und Einwohner konnten die beiden Familien von Erika Roth und Clemens Otto nicht nutzen, da sie direkt an der Zufahrtstrasse wohnen. «Sehr oft hat man uns gar nicht gehört und es wurde weitergearbeitet.», so Clemens Otto. «Steine fielen hinunter – eine dramatische Situation.» Um den Weg zu passieren, hätten sie über Baumaschinen klettern müssen. «Man hat auf beiden Seiten der Maschinen nur 15 Zentimeter Platz», schildert Erika Roth die Situation.

Staatsanwaltschaft eröffnet kein Strafverfahren

Gescheitert ist die Zahlung einer vom Kanton vor Sanierungsbeginn angebotenen Abgeltung für Inkonvenienzen von insgesamt 70'000 Franken an die beiden Kläger. Dies, weil der Kanton auf der Unterzeichnung einer Saldoklausel bestanden hätte, schreiben sie in ihrer Mitteilung. Sie hätten sich entschieden, die Zahlung nicht zu akzeptieren, weil sie ihre Anzeige erheben wollten.

Die Staatsanwaltschaft entschied im Juni, dass sie kein Strafverfahren eröffne, weil es nicht ausgewiesen sei, dass beim Durchqueren der Baustelle eine Lebensgefahr bestanden habe. Als «fragwürdige und tatsachenwidrige Verfügung» bezeichnen die Kläger diesen Entscheid und haben ihn deshalb am 14. Juli an das Obergericht Nidwalden weitergezogen.

Die Baudirektion weist die Vorwürfe zurück

Der Kanton bestätigt auf Anfrage die hängigen Klagen gegen Projektbeteiligte der Baudirektion. Aufgrund des laufenden Gerichtsverfahrens will er nicht näher darauf eingehen. Er bestreitet aber die von den Klägern erhobenen Vorwürfe. «Dem Kanton ist bewusst, dass Einschränkungen für Betroffene unangenehm sein können. Sie sind aber unabdingbar gewesen für die Sanierung der Kehrsitenstrasse. Der Kanton ist bemüht, für alle von einer Baustelle Betroffenen eine annehmbare Lösung zu finden. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sind die Einschränkungen in diesem Fall punktuell stärker ausgefallen.»

Es seien aber stets der Situation angemessene Massnahmen zur Sicherung der Baustelle getroffen worden und «Anwohnende konnten ihr Haus jederzeit verlassen, in wenigen Fällen musste dies aus Sicherheitsgründen auf Voranmeldung erfolgen».

(red.)

veröffentlicht: 3. September 2022 20:40
aktualisiert: 3. September 2022 20:54
Quelle: PilatusToday

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