«So viele Neumitglieder hatten wir noch nie»

Run auf Zentralschweizer Schützenvereine: Liegt es am neuen Waffengesetz?

13.06.2022, 14:05 Uhr
· Online seit 13.06.2022, 09:09 Uhr
Zahlen des Bundes zeigen, dass die Bewilligungen für Waffen und Verkäufe in den ersten Monaten dieses Jahres in der Schweiz zugenommen hat. Zentralschweizer Waffengeschäfte und Schützenvereine stellen zwar keine markante Zunahme an Verkäufen fest, aber das Interesse am Sportschiessen sei gross.
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«Das Sportschiessen scheint wieder Mode zu sein», sagt Martin Küng, Geschäftsführer des Waffengeschäfts Stampfli in Luzern. Er stellt seit rund zwei Jahren eine leichte Zunahme an Waffenverkäufen fest. Meistens handle es sich um Waffen zu Sport- oder Jagdzwecken. «Viele Personen, die Waffen kaufen, fragen auch nach Waffenkursen oder erkundigen sich über Schützenvereine», sagt Küng.

Er glaubt nicht, dass sich Menschen aufgrund des Ukrainekriegs mit Waffen eindecken. «Wenn dann eher wegen der allgemeinen, unsicheren Weltlage oder weil sie zusammen mit Kollegen das Schiessen als Sport betreiben wollen.»

Viele Kunden informieren sich über Schiesssport

Das Waffengeschäft Gunlex in Beckenried stellt eine leichte Zunahme an Waffenverkäufen in den ersten Monaten dieses Jahres fest. Geschäftsinhaber Alex Ambauen glaubt, dass das vor allem damit zu tun hat, dass nach der Corona-Pandemie wieder Wettkämpfe im Schiesssport stattfinden können und deshalb vermehrt Waffen gekauft werden. Er merke, dass in Beckenried und Umgebung viele Personen Mitglieder in Schützenvereinen werden wollen. «Vielleicht, weil sie Bekannte haben, die bereits im Verein sind.» Auch in seinem Geschäft würden sich viele über den Sport informieren.

Mehr Mitglieder wegen schärferem Waffengesetz

Der Schützenverein Obwalden bestätigt das Gefühl der beiden Geschäftsführer. «Wir hatten noch nie so viele Neumitglieder wie dieses Jahr», sagt der Kantonalschützenmeister Sepp Kost. Dieses Jahr seien 20 neue Mitglieder dazugekommen, in den vergangenen Jahren waren es jeweils ein bis zwei Neumitglieder pro Jahr.

Christian Simmen, Präsident des Kantonalschützenverband Uri und Mitglied der Pistolenschützen Altdorf-Erstfeld stellt auch in seinem Verein ein erhöhtes Interesse fest. Er sieht den Grund dafür in der Verschärfung des Waffengesetzes in der Schweiz. Seit Mitte August 2019 gilt unter anderem, dass für halbautomatische Waffen eine Ausnahmebewilligung benötigt wird. Hierzu müssen Besitzerinnen und Besitzer solcher Waffen nach fünf und zehn Jahren nachweisen, dass sie in einem Verein sind oder regelmässig schiessen.

«Viele Leute sind einem Verein beigetreten, damit sie diesen Nachweis einfacher erbringen können», sagt Simmen. Die meisten würden ab und zu mit dem Verein trainieren, aber nicht selbst an Wettkämpfen teilnehmen. «Ich glaube dennoch nicht, dass diese Personen sich aus Angst vor der aktuelle Weltsituation eine Waffe kaufen», so der Sportschütze. Das sei sowieso gefährlich: «Wer aus Angst eine Pistole kauft, ist eine Gefährdung für sich selbst. Das Benutzen der Waffe muss geübt sein.»

«Mehr Mitglieder ergibt mehr Lärm»

Dass in Obwalden so viele Neumitglieder dazugekommen sind, freut Kantonalschützenmeister Sepp Kost grundsätzlich. Es gibt dadurch aber auch neue Probleme. «Die meisten Neumitglieder wollen mit Ordonnanzpistolen, also Grosskalibern, schiessen, diese sind im Vergleich zu Sportpistolen lauter», sagt der Kantonalschützenmeister. Ordonnanzpistolen werden zweihändig geführt und sind dadurch einfacher zu bedienen als Sportpistolen, die mit einer Hand bedient werden müssen. Deshalb würden viele mit dieser Art von Waffe beginnen. «Wir haben wegen des Lärms in diesem Jahr deutlich mehr Reklamationen.»

Dem versucht der Verein nun mit verschiedenen Massnahmen entgegenzuwirken. «Eine Möglichkeit ist es, das Schiessen mit Ordonnanzpistolen auf einen Tag in der Woche zu beschränken.»

(abl)

veröffentlicht: 13. Juni 2022 09:09
aktualisiert: 13. Juni 2022 14:05
Quelle: PilatusToday

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