Sarnen

Wir sehen immer schlechter – Optiker will Kinder vor Augenkrankheiten bewahren

28.06.2021, 11:10 Uhr
· Online seit 28.06.2021, 05:29 Uhr
Kurzsichtigkeit kommt immer häufiger vor. Und: Sie kann zu schlimmen Augenkrankheiten führen. Aber: Solange ein Augapfel noch im Wachstum ist, kann man die Zunahme der Kurzsichtigkeit abbremsen. Optiker Jens Singer erklärt, welche Möglichkeiten es gibt.
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Immer mehr Menschen sind kurzsichtig. Schon jetzt sind etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung von Kurzsichtigkeit betroffen. Konkrete Zahlen gibt es in der Schweiz nicht, aber die Beispiele aus anderen Ländern sind schockierend: In Europa sind gemäss einem Arte-Bericht knapp 50 Prozent der Jugendlichen kurzsichtig. In Asien sehen die Jugendlichen noch weniger: In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul sind sogar 95 Prozent der unter 20-Jährigen kurzsichtig.

«Der Weltgesundheitsorganisation zufolge ist die hochgradige Kurzsichtigkeit ein grosses Problem», erklärt Jens Singer. Er führt das Optikgeschäft Ott in Sarnen. «Kurzsichtigkeit kann zu weiteren Augenkrankheiten führen. Etwa grünem und grauem Star, der Degeneration oder Ablösung der Netzhaut oder Wassereinlagerungen im Bereich des schärfsten Sehens im Auge.»

Viele Schicksale gesehen

Diesem Problem möchte Singer entgegentreten. «Ich arbeitete jahrelang in der Praxis eines Augenarztes und habe dort die Schicksale von Patienten gehört, die deutliche Einschränkungen ihres Augenlichtes erfahren haben.» Das machte ihn nachdenklich. Er fing an, sich mit dem Thema zu befassen. Gerade im Bereich Vorsorge muss es doch etwas geben, das man tun kann.

Denn: Das Problem schreitet voran, führende Wissenschaftler sagen voraus, dass in 30 Jahren 50 Prozent der Weltbevölkerung kurzsichtig sein wird. Besonders krass ist die Situation bei Kindern und Jugendlichen, sagt Optiker Jens Singer. «Wir kennen die Gründe nicht ganz genau, aber es hat durchaus damit zu tun, dass man alles vor der Nase hält. Ein Teil ist aber auch genetisch bedingt.»

Der Optiker führt aus: «Der permanente und übermässige Gebrauch von Handys und Co., aber auch andere Nahsicht-Tätigkeiten wie das Lesen von Büchern fördert das Längenwachstum des Augapfels.» Kurzsichtigkeit entsteht, wenn das Verhältnis der Grösse des Augapfels und der Brechkraft der Linse nicht mehr stimmt. Verheerend: Umso heftiger die Kurzsichtigkeit in jungen Jahren, desto anfälliger sind die Augen auf Veränderungen, die zu Augenkrankheiten führen können. Denn der Augapfel kann weiter wachsen und die Kurzsichtigkeit verstärken.

Angespannte Netzhaut

Normalerweise wird jeder mit einer gewissen Weitsichtigkeit geboren. Durch das Wachstum normalisiert sich dieses Verhältnis. Es kann aber sein, dass der Augapfel zu lang ist und die Netzhaut beansprucht wird. «Die Netzhaut hat etwa die Struktur von Pergament oder Papier. Und wenn die Anstrengung zu gross wird, kann es zu Schwachstellen, Löchern und Rissen kommen. Solche Veränderungen werden dann auch vom Augenarzt festgestellt bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes.» Eine angespannte Netzhaut ist auch anfälliger auf Krankheiten.

Für Singer ist klar: Gerade junge Augen benötigen Schutz vor diesen Risiken. Besonders nach der Pandemie, wo viele Kinder Zuhause am PC oder am Tablet lernen mussten. Die gute Nachricht: Solange sich die Augen noch im Wachstum befinden, kann man etwas gegen die Kurzsichtigkeit unternehmen. «Man kann sie zwar nicht rückgängig machen, aber bremsend einwirken um zu verhindern, dass sie schlimmer wird.»

Zwei Stunden raus gehen

Aus diesem Grund bietet Jens Singer gezielte Vorsorge-Checks für Kinder und Jugendliche an. Dank neusten Hightech-Brillengläsern soll der Augapfel nicht falsch wachsen. So soll die Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen gebremst werden. «Wir beraten die Eltern und Kinder klar und präzise und klären alles ab, um die Kurzsichtigkeit so gut wie möglich zu bremsen», erklärt der Geschäftsführer.

Bei einem Termin werden die Augen der Kinder und Jugendlichen untersucht. Allenfalls wird der Kontakt zu den Augenärzten Privatdozent Dr.med. Jaggi und Dr.med. Weber, oder anderen AugenärztInnen hergestellt, wo in ausgewählten Fällen auch mit verdünnten Atropin-Tropfen eine zusätzliche, wissenschaftlich gut abgesicherte, Behandlungs-Option zur Reduktion der Kurzsichtigkeitszunahme angewendet wird.

Ein neues Brillenglas schafft ebenfalls Abhilfe: Durch seine wabenartige Struktur verhindert es, dass es zu Nebenerscheinungen bei den Korrekturen, einem sogenannten peripheren Defokus, kommt. «Bis im April gab es in der Schweiz nur Kontaktlinsen mit dieser Optik, aber Kontaktlinsen sind bei Kindern und Jugendlichen nicht allzu beliebt.» Er sieht es als Chance, Präventionsarbeit zu leisten.

Der Optiker verrät Tipps, um die Augen zu schonen: «Da gibt es die 20:20:2-Regel: Nach 20 Minuten, bei denen die Augen sich auf etwas Nahes konzentrieren müssen, sollte man 20 Sekunden in die Ferne schauen, um sie zu entlasten. Ausserdem zwei Stunden pro Tag draussen sein.» Denn an der frischen Luft produziert der Körper Dopamin, was das Wachstum des Augapfels stoppen kann. «Vor allem für die zwei Stunden Tageslicht-Aufenthalt gibt es bei noch nicht kurzsichtigen Kindern gute wissenschaftliche Daten.»

veröffentlicht: 28. Juni 2021 05:29
aktualisiert: 28. Juni 2021 11:10
Quelle: PilatusToday

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