Angebliche Tierquälerei

Springreiter Estermann bestreitet Quälerei-Vorwürfe weiterhin

15.12.2020, 18:03 Uhr
· Online seit 15.12.2020, 17:16 Uhr
Der ehemalige Luzerner Springreiter Paul Estermann ist heute erneut vor Gericht gestanden. Er wehrt sich vor dem Luzerner Kantonsgericht gegen das Urteil des Bezirksgerichts Willisau. Dieses hatte Estermann der mehrfachen Tierquälerei schuldig gesprochen.
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Paul Estermann wurde im November 2019 wegen diverser Vorfälle der Tierquälerei vom Bezirksgericht Willisau zu einer Geldstrafe von 16’000 Franken auf Bewährung und einer Busse von 4’000 Franken verurteilt – dies, weil Beweisfotos von misshandelten Pferden aufgetaucht waren. Estermann soll zwei seiner Pferde mehrmals mit einer Dressurpeitsche willentlich am Bauch verletzt haben.

Gemäss dem Gericht in Willisau habe er damit seinen Erfolg über die Gesundheit der Tiere gestellt. In seiner Kurzbegründung hatte das Gericht im November 2019 festgehalten, dass die angeklagten Sachverhalte durch Zeugenaussagen, einen Tierarztbericht und die erwähnten Fotos bewiesen sind (PilatusToday und Tele 1 berichteten).

Richterliche Unabhängigkeit der Vorinstanz sei nicht gegeben

Weil die Verteidigung den Schuldspruch des Bezirksgerichts Willisau nicht akzeptierte, wurde am Dienstag vor dem Kantonsgericht Luzern erneut verhandelt. Die Verteidigung machte dabei auf verschiedene Punkte aufmerksam. Besonders schwer wiegt der Vorwurf der Verteidigung, die richterliche Unabhängigkeit sei in der Erstinstanz nicht gegeben gewesen. Ja es sei sogar so weit gegangen, dass die “Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehrt wurde”, so der Verteidiger. Der Richter habe deplatzierte Voten zum Reitsport gemacht und sich von reisserischen Presseartikeln leiten lassen.

Ausserdem machte der Verteidiger auf angebliche Widersprüche in den Zeugenaussagen des Hauptzeugen aufmerksam. In dem Zusammenhang stehen auch die gestreuten Zweifel, wegen der Richtigkeit der Fotografien. So würden beispielsweise die Metadaten der Fotografien fehlen, was eine inhaltliche Überprüfung der Korrektheit der Fotos verunmögliche. Damit könnten die Fotos aber auch nicht als eindeutige Beweise angesehen werden, so der Verteidiger.

Er forderte für Paul Estermann einen Freispruch, denn das erstinstanzliche Urteil sei «willkürlich» gefällt worden. Estermann habe an dem Tag, an dem «Castlefield Eclipse» verletzt worden sei, das Pferd nicht geritten und wenn, dann hätte er dies ohne Peitsche und Sporen getan.

Estermann: «Mit den Beinen in der Luft»

Der Luzerner Springreiter Paul Estermann selber zeigte sich seit seiner Verurteilung durch das Bezirksgericht nicht wesentlich verändert. Aber er hänge nach eigenen Aussagen «mit den Beinen in der Luft». Wegen des Drucks des Verbands und der starken medialen Berichterstattung sei er nicht mehr im Kader, sagte er vor dem Kantonsgericht.

Estermann sagte vor dem Berufungsgericht, er sei zwar mit diesen beiden Pferden gesprungen, geritten worden seien sie aber auch von anderen Personen. Er versuche gegenwärtig, mit jungen Pferden an kleineren Turnieren wieder etwas aufzubauen. Dies sei aber schwierig, denn er wisse nicht, wie es weitergehe mit dem «Ärger». Auch wisse er aktuell nicht, wie seine Zukunft aussieht, wie er auf eine abschliessende Frage des Staatsanwaltes sagte.

Auch zum Schluss zeigte der Beschuldigte weder Reue oder Einsicht: «Ich habe mein Leben lang alles für Tiere gemacht und nun stehe ich hier als Tierquäler. Ich verstehe das nicht. Ich hoffe einfach auf ein gerechtes Urteil.»

Staatsanwalt fordert schärfere Strafe für Estermann

Es sei diese Vernarrtheit des Beschuldigten, dass er sich absolut keiner Schuld bewusst ist, die der Staatsanwalt nicht nachvollziehen kann, sagte er gegenüber den Medien im Anschluss an die Verhandlung. Die Staatsanwaltschaft bleibt grundsätzlich bei der Ausführung, die sie bereits vor dem Bezirksgericht Willisau vorgetragen hatte.

Der Staatsanwalt wählte jedoch deutliche Worte für das Vorgehen der Verteidigung: «Einen regelrechten Feldzug» des Verteidigers gegen sämtliche involvierte Personen in diesem Fall beschreibt der Staatsanwalt das Vorgehen der Verteidigung. Die Verteidigung versuche seit Beginn des Verfahrens, mit Ausstandsbegehren, Beschwerden und Anzeigen die Untersuchung zu torpedieren und die Behörden zu diskreditieren. Dies, um von den eigentlichen Vorwürfen abzulenken.

Für die Staatsanwaltschaft habe auch keine Vorverurteilung des Bezirksgerichts Willisau stattgefunden. Die Zeugen seien glaubhaft. Mit jeder Einvernahme habe sich der Tatverdacht erhärtet.

Die Staatsanwaltschaft forderte, den Schuldspruch des Bezirksgerichts Willisau zu bestätigen. Ausserdem forderte sie eine höhere Strafe als bisher. So soll Paul Estermann zu einer Geldstrafe von 19’200 Franken auf Bewährung und einer Busse von 4’800 Franken verurteilt werden. Auf Nachfrage vor den Medien sagt der Staatsanwalt, dass er diesen Weg gewählt habe, weil der Beschuldigte keinerlei Reue oder Einsicht zeige.

Quelle: Tele 1

Das Urteil wird Ende Januar erwartet

Das Kantonsgericht Luzern muss nun entscheiden, wie es die Einwände der Verteidigung gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Willisau wertet. Ein erstes Urteil wird Mitte oder Ende Januar des nächsten Jahres erwartet.

Für Paul Estermann gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

veröffentlicht: 15. Dezember 2020 17:16
aktualisiert: 15. Dezember 2020 18:03
Quelle: PilatusToday

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