Schulstart

«Abstandsregeln sind nicht umsetzbar»

13.05.2020, 20:16 Uhr
· Online seit 13.05.2020, 19:56 Uhr
Viele Schüler durften am vergangenen Montag nach zwei langen Monaten zuhause endlich wieder in die Schule. Doch endlich mit ihren Gspändli wiedervereint, werden die Kinder dazu angehalten, Abstand voneinander zu halten. Wie realistisch das ist, erzählte uns ein Urner Schulleiter.
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Es gibt wohl kaum ein Schulleiter in der Schweiz, der in den vergangenen Wochen keine Überstunden gemacht hat. Nachdem die Kantone Schutzmassnahmen für den Schulstart veranlasst haben, wurden die Schulleiter in die Pflicht genommen, diese an ihren Schulen individuell umzusetzen.

Je nach Grösse der Schule und der Klassen war dies eine mehr oder weniger schwierige Aufgabe. Schulleiter Guido Baumann von der Kreisschule Ursern im Kanton Uri hat ein glückliches Los gezogen. Seine etwas über hundert Schüler sind in relativ kleinen Klassen unterteilt, was das Abstandhalten im Schulzimmer einfacher macht.

Grüppchenbildung in den Pausen nicht vermeidbar

Auf dem Pausenhof hingegen sei dies eine ganz andere Geschichte: «Kaum sind die Schüler draussen, bilden sich Grüppchen von vier, fünf Kinder», erzählt Guido Baumann. Die Lehrer ermahnen die Kinder dann zwar, verteilen aber keine Strafen deswegen. «Man muss ehrlich sagen, dass die Abstandsregeln in der Praxis schlicht nicht umsetzbar sind», so der Schulleiter.

War es dann den ganzen Aufwand überhaupt wert? «Für mich machen die Schutzmassnahmen schon Sinn, damit die Kinder daran erinnert werden, dass es noch nicht vorbei ist», so Baumann. Ausserdem sei das Abstandhalten dennoch weiterhin das Ziel, auch wenn die zwei Meter pragmatisch gesehen nicht immer einzuhalten seien.

Auch werde darauf geachtet, dass sich die einzelnen Klassen möglichst nicht durchmischen. So dürfen sie beispielsweise nur gestaffelt in die Pausen. «Wir machen einfach das, was möglich ist», fasst Guido Baumann zusammen. In erster Linie laute die Weisung des Kantons, dass die Erwachsenen den Abstand einhalten sollen. Doch in Fächern wie beispielsweise Werken sei nicht einmal das immer möglich. «Dort besteht die Möglichkeit, eine Maske zu tragen, was zwei unserer 20 Lehrpersonen bereits freiwillig tun.»

Schulstart mit angezogener Handbremse

In anderen Kantonen herrscht ein ähnlich lockeres Regime. In Zug beispielsweise müssen nur die Lehrpersonen von den Schülern Abstand halten, da die Kinder das Virus nach aktuellem Wissensstand kaum übertragen.

Dennoch setzt auch der Baarer Schulleiter Adrian Estermann auf gestaffelte Pausen, um eine Durchmischung der Klassen möglichst zu verhindern. Auf dem Pausenplatz wurden sogar Zonen eingerichtet, die jeden Tag variieren, damit die Kinder überall einmal spielen können.

Auch im Schwyzerischen Feusisberg lässt man die Kinder in den Pausen ungehindert zusammenkommen. «Jeder, der einmal Kindergärtner war, weiss, dass Abstandhalten dort unmöglich ist», so der Präsident des Schwyzer Schulleiterverbands Pascal Staub.

Die Freude über den Schulstart sei bei Kindern sowie Lehrpersonen deutlich spürbar gewesen, so Staub weiter. Dennoch ist es für ihn eher ein Schulstart mit angezogener Handbremse. «Es ist noch nicht dasselbe Gefühl, wie an einem normalen Tag, wenn die Schule brummt.» Alles sei noch ein bisschen gedämpft. «Wir sind vielleicht bei etwa 80 Prozent.»

veröffentlicht: 13. Mai 2020 19:56
aktualisiert: 13. Mai 2020 20:16
Quelle: PilatusToday

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