Schädlinge

Urner Tüftler stoppen Vormarsch der Maikäfer-Larven im Gebirge

14.04.2023, 21:22 Uhr
· Online seit 14.04.2023, 19:41 Uhr
An Urner Hängen bekämpft eine Neuerfindung die Engerlinge der Maikäfer. Die ferngesteuerte Maschine, die am Freitag vorgestellt wurde, bringt eine Pilzflüssigkeit in den steilen Boden ein, die den Larven den Garaus macht. Nötig ist die Innovation, weil die Engerlinge mit der Klimaerwärmung in immer höhere Lagen vordringen.
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Uri mausert sich zum Pionier in der Engerlingsbekämpfung. Die Larven des Maikäfers vermögen mit ihrem Appetit auf Graswurzeln ganze Wiesen zu verwüsten. 1992 wurden im Kanton Uri erstmals Gerstenkörner, die mit dem Beauveria-Pilz behandelt waren, unter die Erde gebracht. Dieser Pilz kommt dort natürlich vor und ist der biologische Feind des Engerlings.

«Es hat geknallt im Boden», erinnert sich Christian Schweizer von der Forschungsstelle Agroscope, der sich seit 40 Jahren mit dem Maikäfer befasst. Fallen dem Pilz natürlicherweise 5 bis 10 Prozent der Engerlinge zum Opfer, würden dank der Technik über 60 Prozent der Larven verpilzt.

Es drohen Hangrutsche

Pilzgerstenkörner werden mit einer Übersaat-Maschine eingebracht. Steile Hänge können die Bauern damit allerdings nicht bearbeiten. Fanden sich früher Engerlinge nur bis in eine Höhe von 1000 Metern über Meer, sind sie laut Schweizer mittlerweile auf bis zu 1800 Meter aufgestiegen.

So kommt es, dass Uri 30 Jahre nach dem ersten Pilzeinsatz erneut Pionier ist. Und hier kommt Wisi Zgraggen ins Spiel, Lohnunternehmer aus Erstfeld. In den letzten eineinhalb Jahren entwickelte er eine Maschine, die auch im Steilhang den Pilz in den Boden bringt.

Wie wichtig das ist, erklärte Landwirt Stefan Gisler, der den Hof Lehn hoch über Schattdorf bewirtschaftet. Engerlinge brächten nicht nur Ernteausfall. Sterbe das Gras ab, drohten Hangrutsche, Unkraut könne sich vermehren und die Befahrbarkeit der Wiesen sei nicht mehr gewährleistet.

«Wie auf einem Wasserbett»

Bis zu 400 der dicken, weissen Würmer tummeln sich pro Quadratmeter. Wer ein derart stark befallenes Stück Land betrete, laufe wie auf einem Wasserbett, sagte Engerlingsexperte Schweizer. Er hat die Entwicklung der neuen Maschine wissenschaftlich begleitet und stellt auch das neuerdings flüssige Pilzmaterial her.

180 Liter Flüssigkeit fasst der Tank, den Zgraggen auf seinen Prototyp bauen liess. Das reicht, um eine halbe Hektare mit Pilz zu behandeln. Vom Tank wird das Pilzwasser in zwei Stachelwalzen gepumpt, die fünf Zentimeter ins Erdreich eindringen und es dort einspritzen.

Das Gefährt gleicht einem herkömmlichen Mäher. Es kann ferngesteuert werden, um das Unfallrisiko in den Hängen zu minimieren. Dank GPS erhalten die Landwirte eine Karte der behandelten Flächen. Das Gerät kostet laut Zgraggen rund 100'000 Franken. Er wird damit im Auftrag des Kantons Uri die rund 40 Hektaren Hangfläche bearbeiten, die von den Landwirten gemeldet wurden.

Die Bauern müssen für die Arbeit aufkommen, der Kanton Uri übernimmt Kosten für Maschine und Material. Pro Hektare benötigt das Gerät je nach Lage rund zwei Stunden.

Maikäfer haben einen Dreijahreszyklus. Alle drei Jahre ist ein Flugjahr, das nächste 2024. Dann legen sie ihre Eier an sonnenexponierten Orten ab. Ein Jahr später ist der von den Engerlingen angerichtete Schaden ersichtlich.

Doch auch die Zyklen werden laut Schweizer von der Klimaerwärmung durcheinandergebracht. Die wärmeren Temperaturen verlängern die Vegetationeperiode, sodass es Käfer, Larven und Eier gleichzeitig im Boden habe. Im Volk sei der Käfer ein Sympathieträger, da er als Frühlingsbote gelte. Für die Landwirtschaft sei er aber ein grosses Problem.

(sda)

veröffentlicht: 14. April 2023 19:41
aktualisiert: 14. April 2023 21:22
Quelle: sda

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