Die Veröffentlichung der über 1000 Fälle sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche löste Empörung aus. Als Folge sehen sich die Kirchen nun mit einer Austrittswelle konfrontiert. Dies zeigt sich bereits einen Monat nachdem die Missbrauchs-Recherche publiziert wurde.
Allein bei der Katholischen Kirche Stadt Luzern gaben im vergangenen Monat 440 Personen ihren Austritt bekannt, wie «zentralplus» berichtet. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr traten zwischen September und Oktober lediglich 60 Personen aus der Katholischen Kirche Stadt Luzern aus.
40 Prozent mehr Austritte – neuer Rekord
Ähnliches spielt sich aktuell in Zug ab. Die Verantwortlichen der Katholischen Kirche Stadt Zug sprechen von einem «massiven Anstieg von Austritten». Konkret hätten sie 100 Austrittsformulare seit Mitte September erhalten. In vergangenen Jahren hatte die Katholische Kirche Stadt Zug pro Jahr eine Austrittsquote von etwa einem Prozent.
«Für das Jahr 2023 rechnen wir mit einem Anstieg von Rücktritten von 40 Prozent», wie Markus Casagrande, Geschäftsstellenleiter der Kirchgemeinde Katholischen Kirche Stadt Zug gegenüber PilatusToday und Tele 1 ausführt. Dieser Anstieg ist ein neuer Rekord. Mit einer Mitgliederzahl von 12'000 verzeichnet die Kirche rund 170 Austritte seit Mitte September.
Austritte in der gesamten Zentralschweiz
Doch nicht nur in städtischen Gebieten wie Luzern oder Zug möchten Personen vermehrt die Kirche verlassen, auch in ländlichen Regionen kann der Trend beobachtet werden. So wollen beispielsweise in Schwyz seit Mitte September 120 Personen nichts mehr mit der Kirchgemeinde Schwyz zu tun haben.
Sollte die Austrittswelle nicht abflachen, dürften auch die diesjährigen Austritte der Kirchgemeinde Schwyz die letztjährigen 180 Austritte übersteigen. Auch die römisch-katholische Landeskirche des Kantons Nidwalden verspüre einen Anstieg an Austritten, wie die «Nidwaldner Zeitung» weiss. Eine abschliessende Aussage sowie konkrete Zahlen habe man jedoch noch nicht.
Zeit, zu handeln
Für die Kirchen gilt es nun, weitere Austritte zu verhindern. «Wir legen alles daran, um unsere Mitglieder weiterhin von uns überzeugen zu können», sagt Casagrande. Auch die weiteren kontaktierten Kirchen unterstützen diese Aussage.
Die römisch-katholische Kirche gab bereits am 12. September 2023 bekannt, dass nun gehandelt werden müsse. Konkret sollen beispielsweise künftig Priester, Diakone und Mitglieder von Ordensgemeinschaften im Rahmen ihrer Ausbildung psychologische Abklärungen durchlaufen. Als weitere Massnahme ist ein Online-Meldesystem angedacht, wie die römisch-katholisch Zentralkonferenz Mitte September mitteilte.
Die Stellungsnahme der römisch-katholischen Zentralkonferenz kannst du im Video nachschauen:
Quelle: Studie zum sexuellen Missbrauch in der kath. Kirche wird präsentiert / 12.09.2023