Bus, Bahn und Co.

Wieso verunfallen Frauen im ÖV häufiger als Männer?

· Online seit 31.08.2021, 07:18 Uhr
Frauen verunfallen doppelt so häufig wie Männer im ÖV. Die Schweizer Verkehrsbetriebe schieben die Schuld hohen Absätzen, Handtaschen und Kinderwagen zu. Die Deutschen und Österreicher Verkehrsbetriebe gehen aber davon aus, dass die ÖV nach männlichen Bedürfnissen ausgerichtet sind. Und nicht nur da gibt es grosse Unterschiede.
Anzeige

Der öffentliche Verkehr ist für Frauen gefährlicher als für Männer. Das zeigen Recherchen vom «Tagesanzeiger». Insgesamt haben sich in den letzten zwei Jahren 1'278 Frauen bei Reisen mit dem ÖV verletzt. Im gleichen Zeitraum verunfallten nur 602 Männer.

Auf den Strecken der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) sind in den letzten zwei Jahre 18 Zwischenfälle mit Männern gemeldet, bei den Frauen waren es 114. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagt Beat Nater, Mitglied der Geschäftsleitung, dass es wohl am Meldeverhalten liege. Männer würden weniger häufig Bescheid geben, wenn sie sich weh getan haben.

Die Schweizer Transportverbände sehen das Problem in hohen Absätzen, Handtaschen und Kinderwagen. Der Bund prüft eine Analyse, um die tatsächlichen Probleme zu identifizieren. Denn Verkehrsclubs aus Deutschland und Österreich vermuten das Problem darin, dass die ÖV nach den Bedürfnissen von Männern ausgerichtet sind. So sind Frauen häufig mit Kindern, Einkäufen und Kinderwagen unterwegs. Männer hingegen nutzen die ÖV hauptsächlich, um zur Arbeit zu pendeln.

Masken und Autos nicht für Frauen ausgerichtet

Es wäre kein Einzelfall, wenn die ÖV hauptsächlich nach männlichen Bedürfnissen ausgerichtet wären. So werden beispielsweise Hygienemasken nach männlichen Norm-Köpfen produziert. Das heisst: Der Hälfte der Bevölkerung sind die Masken zu gross.

Auch bei Autos wird mit einem einzigen Dummy-Modell getestet. Der «Sierra Sam» hat männliche Eigenschaften. Es gibt zwar mittlerweile einen weiblichen Dummy, aber ohne Brüste. Er ist einfach die kleinere Version vom «Sierra Sam». Bei Frauen rutscht der Sicherheitsgurt zwischen die Brüste und wird zum Hals umgelenkt. Auch an Schwangere wird bei der Autoherstellung nicht gedacht – spezielle Gurte, die nicht auf den Babybauch drücken, müssen separat dazu gekauft werden. Die ganze Einrichtung hat fatale Folgen: Frauen erleiden dreimal häufiger als Männer ein Schleudertrauma.

Ungleichheit auch in der Medizin

Auch in der Medizin wird nach männlichem Vorbild vorgegangen. So werden neue Medikamente vor allem an Männern getestet. Nebenwirkungen für Frauen fallen daher erst später auf. Besonders fatal ist die Situation beim Herzinfarkt. Hier haben Männer und Frauen andere Symptome. Bekannt sind aber hauptsächlich die von Männern.

Symptome bei Männern sind:

  • Starke Schmerzen von mindestens fünf Minuten, vor allem im Brustkorb
  • Gleichzeitig Schmerzen in anderen Körperregionen, beispielsweise in den Armen
  • Schmerzen zwischen den Schulterblättern
  • Engegefühl, heftiges Brennen oder Druck in der Brust 
  • Angstschweiss mit kalter, fahler Haut

Die Symptome bei Frauen hingegen umfassen:

  • Atemnot oder Kurzatmigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Schmerzen im Oberbauch
  • Rückenschmerzen
  • Ziehen in den Armen
  • Schweissausbrüche
  • Unerklärliche Müdigkeit

Wieso sich die Herzinfarkte bei den Geschlechtern unterscheiden, ist nicht restlos geklärt. Man geht aber davon aus, dass es mit den Unterschieden des Herzes zusammenhängt. Das männliche Herz ist etwa 15 Zentimeter lang und wiegt rund 300 Gramm. Das weibliche Herz ist nur zwölf Zentimeter lang und wiegt nur etwa 250 Gramm. Das weibliche Herz schlägt aber schneller als das männliche.

veröffentlicht: 31. August 2021 07:18
aktualisiert: 31. August 2021 07:18
Quelle: PilatusToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch