«Nachts sind alle Katzen grau»

Zentralschweizer Film gewinnt europäischen Filmpreis

11.12.2020, 05:35 Uhr
· Online seit 10.12.2020, 15:56 Uhr
Für sein Filmprojekt möchte Lasse Linder Aussenseiter porträtieren. Deshalb besucht er mit einem einsamen Musiker eine Bar. Dort fällt ihm ein eigenartiger Mann auf, der mit seinen zwei Katzen am Tresen sitzt und alles kommt anders.
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Einen Abend lang habe er den Mann mit den zwei Katzen «gestalked», erzählt der Filmemacher. Für ihn ist klar: Diesen Menschen will er in seinem Film begleiten. «Nachts sind alle Katzen grau» handelt von Christian, der für seine beiden Katzen «Marmelade» und «Katjuscha» lebt. Von einem Mann, der sich mit der Schwangerschaft von Marmelade seinen eigenen Kinderwunsch erfüllt.

«Katze ‹Katjuscha› ist eine richtige Diva»

13 Tage lang haben Lasse Linder und sein Team gedreht, 12 davon in Christians Wohnung. Katze Katjuscha sei eine «richtige Diva» gewesen, erzählt der Regisseur. Dennoch sei die Zusammenarbeit mit den vierbeinigen Nebendarstellerinnen ruhig verlaufen. Schwieriger sei es gewesen, mit Exzentriker Christian den schmalen Grat zwischen Unterhaltung und Selbstinszenierung zu gehen.

Genau das sei aber Ziel des Films, so Linder. «Der Protagonist ist echt, die Wohnung war echt, es sind seine Katzen, die Befruchtung von Katze Marmelade im Ausland war echt.» «Nachts sind alle Katzen grau» wurde so gefilmt, dass man als Zuschauer das Gefühl hat, man sehe sich einen Spielfilm an und keine Dokumentation. Der Film ist ein intimer Einblick in eine Lebensgeschichte, die jeder irgendwo aus der Ferne der eigenen Nachbarschaft kennt, aber nie richtig nah rankommt. Lasse Linder gelingt es, diese Geschichte mit ästhetischen Bildern zu erzählen, ohne in blanken Voyeurismus abzudriften.

Nicht die erste Auszeichnung

Dies findet auch die «European Film Academy», die Linders Werk für den diesjährigen europäischen Filmpreis in der Kategorie «bester Kurzfilm» ausgezeichnet hat. Es ist zum ersten Mal, dass ein Schweizer Kurzfilm diesen Preis gewinnt.

Es ist nicht der erste Erfolg für den jungen Filmemacher mit seinem Werk, dass er für seine Bachelorarbeit an der Filmhochschule in Luzern produzierte. Mit der 17-minütigen Dokumentation war Lasse Linder Gast an unzähligen Filmfestivals, darunter Locarno und Toronto. «Vor Corona durfte ich mir die Filmfestivals aussuchen», erzählt er.

Auf die Zukunft angesprochen, denkt Lasse Linder bereits an die nächsten Projekte: «Meine nächsten Filme sollen länger sein» und meint damit zwei weitere Dokumentarfilme. «Another Day in the Garden» soll von älteren Ehepaaren handeln, die ihrem Leben nach dem Auszug der Kinder in den Gärten der Vorort-Siedlungen einen neuen Sinn geben müssen. Auch eine Fortsetzung von «Nachts sind alle Katzen grau» stehe zur Diskussion, so der Regisseur. Dieses Mal mit einer Katzenshow in Russland und einem psychotischen Sohn. Wir sind gespannt.

Sieh dir unten den Trailer an: 

veröffentlicht: 10. Dezember 2020 15:56
aktualisiert: 11. Dezember 2020 05:35
Quelle: PilatusToday

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