Megaprojekt

Der zweite Versuch, Cham vom Durchgangsverkehr zu befreien

· Online seit 01.07.2022, 21:12 Uhr
Die Hünenberger Gemeindepräsidentin Renate Huwyler, ihr Chamer Kollege Georges Helfenstein und Zugs Baudirektor Florian Weber rammen in der Nähe des Lorzenparks in Cham symbolisch drei Holzpfosten in den Boden.

Quelle: Tele 1

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«Gut Ding will Weile haben», zitierte der Zuger Baudirektor Florian Weber den grossen deutschen Dichter Johann Wolfgang Goethe. Diesen Ausdruck münzte der Weber auf die Umfahrung Cham–Hünenberg (UCH), für welche am Freitag, 1. Juli, die Bauarbeiten offiziell begannen, schreibt die «Zuger Zeitung».

Das vorerwähnte Zitat hat Goethe aber nicht geschaffen, sondern sich einer Volksweisheit bedient. Beim Projekt UCH handelt es sich hingegen um das Original. In einem früheren Projektstadium war immer von einem Kammer-Konzept die Rede.

Den Namen «Umfahrung Cham–Hünenberg» soll der Walchwiler Kantonsrat Peter Rust kreiert haben. Es geistern aber noch andere UCH-Geburtshelfer herum. Die jetzt begonnenen Arbeiten für eine Strasse, welche an der Peripherie von Cham entlang führt, ist nicht die erste Umfahrungsstrasse für Cham.

Die Autobahn war auch als Chamer Umfahrungsstrasse gedacht

Die 1974 eröffnete Autobahn N4, die ersten Meter einer solchen richtungsgetrennten Schnellstrasse im Kanton Zug, hätte eigentlich auch als Chamer Ortskernumfahrung dienen sollen. Doch wegen des Umwegs scheint sich diese Variante mit zwei Chamer Autobahnanschlüssen bis heute nicht durchgesetzt zu haben.

Das jetzt begonnene Werk war beim finalen Akt als ein Drahtseilakt dar. Bei der UCH-Referendumsabstimmung gab es eine knappe Entscheidung: Die Zuger gaben dem 230 Millionen Franken teuren Strassenprojekt am 11. März 2007 mit 18'390 Ja- zu 18'143 Nein-Stimmen sehr knapp den Segen. Das ist mittlerweile aber auch schon fast eine ganze Generation her.

Die offiziellen Honorationen nahmen beim Spatenstich, einen solchen versprach die offizielle Einladung, für einmal keine Schaufel in die Hand. Schwere Hämmer galt es zu schwingen, um Holzpfosten ins Erdreich zu treiben. Dieses Szenario liess sich locker in Halbschuhen bewältigen.

Die Hünenberger Gemeindepräsidentin, die auch einen Hammer schwang, bringt die vorerwähnte Abstimmung mit ihrem Einzug in den Gemeinderat im Jahr 2007 in Verbindung. Renate Huwylers Gedächtnis ist gut. Sie macht seit diesem Jahr im Hünenberger Gemeinderat Politik. Um die 2027 geplante UHC als Gemeinderätin zu erleben, müsste Huwyler noch zwei weitere Legislaturen durchziehen.

Hehre Ziele für das verkehrsgeplagte Chamer Zentrum

Der Chamer Gemeindepräsident Georges Helfenstein verpasst der UCH wenig später das Prädikat besonders wertvoll für Cham. Und betont: «Sie entlastet Cham wirkungsvoll vom Durchgangsverkehr und wertet damit unsere Lebens- und Wirtschaftsräume auf.»

Renate Huwyler lobt die neue Strasse schon mal auf Vorrat, indem sie anfügt, dass diese Strasse ihre Gemeinde näher an Zug rücke: «Dies bringt vor allem für unsere Gewerbebetriebe und Unternehmungen einen Standortvorteil.» Helfenstein hatte schon vorher erwähnt, dass der Bau der UCH helfe, «Arbeitsplätze zu sichern».

Helfensteins Aussage überrascht nicht. Der Finanztopf für die Projektumsetzung ist mit bewilligten und indexbereinigten 237 Millionen prall gefüllt. Wie aus Kreisen der Baudirektion zu erfahren ist, sollte der Bau der Chamer Umfahrung weniger als 200 Millionen Franken kosten. Auch die Tangente Zug–Baar war viel billiger. Solche Botschaften verfangen beim Volk, gerade in Wahljahren natürlich.

Die Bewährungsprobe kommt bei der Umfahrung Cham–Hünenberg aber eigentlich erst nach der Fertigstellung, da der Bund für die UCH-Gelder aus dem Agglomerationsfonds sprach. Diese fliessen jedoch nur, wenn das «Autoarme Cham» installiert ist. Die Bundesgabe ist nicht nichts, beträgt sie doch zwischen 40 und 44 Millionen Franken.

Auf die Frage, wieso die flankierenden Massnahmen erst nach der Eröffnung der UCH umsetzbar seien, sagte Baudirektor Florian Weber, dass hierzu weitere Vorarbeiten nötig seien. Eine davon: Kantonsstrassen sollen in den Besitz der Gemeinde Cham übergehen.

Beim späteren Apéro bemühten sich dann alle Gefragten nach Kräften, zu betonen, dass bei diesem Projekt dem A auch ein B folge. Diese «weichen Massnahmen» seien auf einem guten Weg. Insgesamt sollen diese so gestaltet sein, dass der Durchgangsverkehr in Cham sich nicht mehr lohnt. Kameras sollen zur Identitätsfeststellung der Durchfahrenden dienen.

Um das Chamer Zentrum autoarm zu machen, wenden der Kanton wie auch die Standortgemeinde rund elf Millionen Franken auf. Davon fliessen rund sieben Millionen aus kantonalen Töpfen. Diese Summe muss das Kantonsparlament noch bewilligen. Die Volksweisheit «Gut Ding will Weile haben» passt perfekt.

(Marco Morosoli)

veröffentlicht: 1. Juli 2022 21:12
aktualisiert: 1. Juli 2022 21:12
Quelle: Luzerner Zeitung

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