Hünenberger Familie seit zwei Jahren mit Segelschiff unterwegs
Wer würde sich schon nicht gerne einfach vom Wind treiben lassen, über das blaue Meer segeln und in kleinen Buchten ankern? Vom Schiff aus der Sonne zuschauen, wie sie am Horizont untergeht.
Diesen Traum hat sich Oliver Zäch mit seiner Frau, der gebürtigen Mexikanerin Lyz und ihren beiden Kindern Atl (11) und Lou (6) vor zwei Jahren erfüllt. Sie haben im Juni 2019 die Zentralschweiz hinter sich gelassen und sich ins Abenteuer gestürzt.
Vorbereitungen für die Reise
Dieses Abenteuer hat schon im Frühling 2018 begonnen, als Oliver Zäch das Segelschiff namens «Hardrock» in einer kleinen Anzeige eines Schiffsmagazins entdeckt hat. Um das Schiff kennenzulernen, machte die Familie 2018 einen sechswöchigen Segeltrip. Bei dieser Reise wurde ihnen klar, dass verschiedene elektronische Instrumente wie GPS oder Funk noch nachgerüstet werden mussten. Viele andere Arbeiten mussten zudem gemacht werden, um das Schiff für das grosse Meer startklar zu machen. Die meisten Arbeiten hat die Familie selbst übernommen und dabei viel Arbeit und Schweiss in das Boot gesteckt.
Bereits seit zwei Jahren unterwegs
Nach viel Arbeit war das Segelschiff im Juni 2019 bereit und die Familie ist damit in See gestochen. Seither sind sie mit ihrem 15 Meter langen Segelschiff auf dem Mittelmeer unterwegs. Der Start der Segelfamilie war in der Türkei. Dort lag die «Hardrock» nämlich im Hafen. Von der Türkei ging die Fahrt in Richtung Griechenland und schliesslich nach Italien. Wegen der Corona-Pandemie musste die Familie ihre Reise im Dezember 2019 für ein halbes Jahr unterbrechen. In diesem Zeitraum sind sie zu der Verwandtschaft von Lyz Zäch nach Mexiko gegangen.
«Viele denken, dass man nur auf dem Wasser ist. Das stimmt allerdings nicht, denn wir bewegen uns auch oft auf dem Land.», sagt Oliver Zäch. Denn am Tag wird das Festland erkundigt. Mit ihrem kleinen Beiboot kommen sie vom Segelschiff ans Land. Dann gehen sie an den Strand, schauen sich die Stadt an oder kaufen ein. Trotzdem sei man manchmal mehrere Tage auf dem Meer unterwegs. Wenn sie an einen neuen Ort kommen, so ankern sie meist in einer Bucht. «Dort ist das Wasser ruhig und man ist von den Wellen geschützt», so Zäch. In den Buchten bietet sich die Gelegenheit an, ins erfrischende Wasser zu springen.
Die Kinder haben «Boat Schooling»
Als die Familie aufgebrochen ist, haben sie Lou und Atl von der offiziellen Schule abgemeldet. Das heisst aber nicht, dass die Kinder auf dem Meer nichts lernen. Die zweifachen Eltern unterrichten die Kinder nämlich auf dem Schiff selbst, machen sogenanntes «Boat Schooling». Die Schule gehört für die ganze Familie zu der Tagesroutine, findet aber nicht zu einer fixen Uhrzeit statt, erklärt der Vater: «Wir sind sehr flexibel, je nach dem, was am Tag gerade ansteht, verschieben wir die Schule auf den Morgen oder den Abend.»
Für den Unterricht haben die Eltern die Lehrmittel der Schweiz gekauft. Oft machen die Eltern Aktuelles, das sie antreffen, zum Unterrichtsstoff. «Wenn wir in einem Museum sind, greifen wir dieses Thema zum Beispiel auf», so der Vater. Auch wenn die Solaranlage geflickt werden muss oder ein Delfin das Schiff begleitet, wird dies zum Inhalt des nächsten Unterrichts. «Wir befolgen nicht wirklich einen Lehrplan ausser in Mathe, Deutsch und Englisch", so der gelernte Schreiner.
Zusammenleben auf dem Schiff
Nicht nur der Schulunterricht ist anders, als wir ihn kennen. Man kommt sich auf dem Schiff auch viel näher als sonst. «Das nahe Zusammenleben geht bei uns erstaunlich gut», sagt Oliver Zäch, «auf dem Schiff packen alle mit an.» Wichtig sei auch, dass man sich seine Räume schaffe, denn «auf dem Boot erlebt man alles intensiver: das Gute wie auch das Schlechte», so Zäch. Das Schiff ist aber genug gross dafür sagt Zäch: «Da jeder seine eigene Kabine an Bord hat, kann man sich gut zurückziehen, wenn man Zeit für sich braucht.»
Oft mit anderen Familien unterwegs
Auch wenn die Familie nur zu viert ist, sei man nicht einsam auf dem Wasser. «Es gibt zwar Momente, in denen man alleine ist. Aber es gibt auch ganz viele Zeiten, die man mit anderen Familien verbringt», so der 42-Jährige. Über die sozialen Netzwerke schliessen sie sich oft mit Gleichgesinnten zusammen. «Es gibt nämlich viel mehr Familien, die über das Mittelmeer segeln, als man denkt», sagt Oliver Zäch.
Ausgaben beschränken sich auf Essen und Ausflüge
Die Wohnung in Hünenberg hat die Familie vermietet. Mit der Miete können sie etwa 60- 70 Prozent ihrer Kosten auf dem Mittelmeer decken. Lyz Zäch betreibt zudem einen YouTube-Kanal namens familiaporelmundo mit Videos von ihren Erlebnissen. Von den Videos und den Berichten, die Oliver Zäch für verschiedene Segelzeitschriften verfasst, kommt zusätzlich Geld in ihre Familienkasse. «Bei grösseren Kosten wird auf das Ersparte zurückgegriffen, wie zum Beispiel für einen Unterwasseranstrich beim Schiff», erklärt Oliver Zäch.
Das Leben auf dem Meer ist einiges billiger als auf dem Land, sagt der Captain des Schiffs: «Auf dem Boot brauchen wir etwa einen Drittel der Kosten, die wir früher in Zug hatten.» Denn die Fixkosten würden wegfallen und Diesel brauchen sie nur wenig, da sie grösstenteils unter Segel fahren. Die Ausgaben würden sich vor allem auf das Essen und die Ausflugskosten an Land beschränken. Die Segelfamilie versucht, wenn immer möglich, in einer Bucht zu ankern, um hohe Kosten für einen Hafenplatz zu sparen. Pro Nacht könne solch ein Hafenplatz nämlich bis zu 200 Euro kosten.
Über den Atlantik in die Karibik segeln
Dass das Leben auf dem Schiff einmal ende, sei allen bewusst gewesen. «Finanziell war von Anfang an klar, dass wir das nicht für immer machen können», sagt der zweifache Vater. In einem Jahr soll die Reise nach insgesamt drei Jahren auf dem Meer nämlich fertig sein. Die Familie möchte dann wieder zurück in die Schweiz ziehen.
Noch ist die Reise aber nicht zu Ende. Das nächste Ziel sind die Balearen bei Spanien. Ob sie dann im Herbst den Atlantik überqueren und wie einst geplant, mehrere Wochen in die Karibik segeln, sei noch unklar. «Da sich die Umstände immer wieder ändern, planen wir nicht mehr so viel», so Oliver Zäch. Sie lassen sich also vom Wind leiten und schauen, wo er sie hinträgt.