Baar

Mit 21 politisch aktiv: Sie ist die jüngste Kantonsparlamentarierin in Zug

Chantal Gisler, 10. Juli 2021, 05:42 Uhr
Ronahi Yener ist die jüngste Kantonsrätin, die der Kanton Zug je hatte. Gleich zu Beginn ihrer Arbeit wurde das Stimmrechtsalter 16 vom Kantonsrat abgelehnt. Ein Thema, für das sie sich einsetzt. Die Ablehnung sieht sie nicht als Rückschlag, sondern vielmehr als Motivation.
Ronahi Yener ist Kantonsrätin in Zug.
© Keystone-SDA
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Vor rund einer Woche hatte sie ihre erste Sitzung als jüngste Kantonsrätin in Zug: Ronahi Yener hat mit ihren 21 Jahren schon viel erreicht. Und mit der neuen Rolle in der Zuger Politik hat sie Appetit auf mehr bekommen.

Ronahi Yener ist eine fröhliche Person, ihr strahlendes Lächeln erkennt man schon von Weitem. Die 21-Jährige hat Power. Sie will anpacken und sich für das einsetzen, was ihr am Herzen liegt. Die beiden grössten Projekte sind der Klimaschutz und bezahlbarer Wohnraum in Zug.

«Natürlich gibt es noch viel mehr, das mich interessiert und wofür ich mich einsetzen möchte», sagt Yener. «Aber diesen beiden Themen werde ich mich die nächste Zeit besonders widmen.» Jetzt hat sie die grosse Chance dazu: Im März rückte sie für den zurückgetretenen Zari Dzaferi im Kantonsrat, dem Parlament des Kantons Zug, nach.

Das letzte Geschenk ihres Vaters

1992 flüchteten die Eltern von Ronahi Yener in die Schweiz. Die Familie lebt in Baar. An ihrer ersten Demonstration trug sie noch Windeln. Ihre Eltern waren aktiv und hatten sie mitgenommen.

Sie muss aufpassen, dass sie nicht emotional wird, wenn sie über ihre Familie spricht. Sie bedeutet der jungen Kantonsrätin alles. Im Gespräch wird deutlich: Ronahi Yener hat einen starken Gerechtigkeitssinn. Und das, was damals in der Türkei passiert ist, empfindet sie noch heute als ungerecht. Generell: «Momentan läuft im Ausland, aber auch in der Schweiz einiges schief.» Die Situation in der Türkei, der Fall des Belarussischen Bloggers, aber auch die Lohnungleichheit in der Schweiz.

Das alles sind Themen, die Ronahi Yener schon lange beschäftigen. «Politik war bei uns Zuhause schon immer ein Thema.» Die Chance, in der Politik aktiv zu sein, bezeichnet sie als das letzte Geschenk ihres Vaters. Er hatte sich jahrelang um die Einbürgerung bemüht. Kurz vor seinem Tod erhielt die Familie den Schweizer Pass.

Sie tritt der Juso bei, später der SP. Sie ist eine der Initiantinnen der ersten Klimastreiks. «Mit dem Klimastreik konnten wir etwas lostreten», erinnert sie sich. «Endlich wurde das, was die Jungen beschäftigt, von der Politik wahrgenommen.»

Unser Vorstandsmitglied Ronahi Yener an der Klimademo heute in Luzern. Save the planet and not fuck the planet 🌎

Posted by JUSO Zug on Saturday, February 2, 2019

Aufgeben liegt für sie nicht drin

Diese Erfolge motivieren sie, weiter zu machen. Ein weiterer Antrieb ist Druck. «Ich blühe unter Druck richtig auf», sagt sie und lacht. «Aber das heisst nicht, dass ich ohne Druck nicht arbeiten kann.» Aktuell hat die junge Baarerin viel um die Ohren. Vor rund einer Woche wurde sie vereidigt und konnte sich zu einer weiteren Herzensangelegenheit äussern: Dem Stimmrechtsalter 16.

Der Kantonsrat hat sich aber klar dagegen ausgesprochen. «Ich bin überzeugt, dass das Stimmrechtsalter mehr Vorteile als Nachteile bringen würde. Die Stimmbeteiligung wäre höher und die Jugendlichen hätten die Möglichkeit, aktiv mitzureden. Sie sind es ja, die mit den Entscheidungen am längsten leben müssen.»

Ausserdem würde es das Interesse für die Schweizer Politik anregen. Schliesslich hat es bei Ronahi Yener auch so begonnen. Sie machte die Lehre bei einer Behörde. «Im KV musste ich jeden Tag Zeitung lesen», erinnert sie sich. Die Artikel, die die Behörde betrafen, musste sie ausschneiden. «Irgendwann war ich in dem Flow drin, ich verstand die Zusammenhänge und interessierte mich richtig dafür.»

Aber kann man das auf andere übertragen? «Natürlich gibt es auch 16-Jährige, die sich Null für Politik interessieren. Aber es gibt ja auch 50-Jährige, die nicht abstimmen. Aus meiner Sicht wäre das Stimmrechtsalter eine Stärkung der Demokratie.» Sie verweist auf die Beispiele Österreich und Glarus. Beide führten 2007 das Stimmrechtsalter 16 ein. «Dort funktioniert es ja auch hervorragend. Wieso sollte es im Rest der Schweiz nicht funktionieren?»

Sie wird sich vom negativen Entscheid des Kantonsrates nicht verunsichern lassen.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 10. Juli 2021 05:42
aktualisiert: 10. Juli 2021 05:42
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