Filmen statt helfen

PilatusToday-Community empört über Bauer-Video aus Unterägeri

30.05.2023, 20:00 Uhr
· Online seit 30.05.2023, 19:58 Uhr
Ein Landwirt hat am Wochenende seine Ladung auf dem Dorfplatz in Unterägeri verloren. Bei seinem Missgeschick wurde der Bauer gefilmt. Das hat die PilatusToday-Community enttäuscht. Der Tenor lautete, dass man lieber helfen statt filmen soll.

Quelle: Leservideo / PilatusToday

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Ob am Konzert, beim Treffen mit Freunden oder bei einer kuriosen Situation: Immer wieder zücken wir das Handy, um ein Ereignis zu filmen. Ein Bauer in Unterägeri wurde nun zum Objekt solcher Schaulustigen. Das Video, wie er seine Ladung Heu auf dem Dorfplatz verliert, landet im Internet und wird tausendfach geklickt.

Die PilatusToday-Community ist enttäuscht. Den Beitrag auf Facebook haben schon beinahe 200 Userinnen und User kommentiert. «Helfen statt Filmen», lautet die Devise eines Users. Verständnislos zeigt sich eine andere Userin und hofft auf Karma: «Hoffentlich finden sich solche Leute auch mal so im Netz zur Schau gestellt!»

Andere machen sich über die Leute lustig, die nicht geholfen haben: «Fotografieren ist nicht so anstrengend wie Helfen.» Ein weiterer User schaltet sich in die Diskussion ein und meint: «Wahrscheinlich wüsste er oder sie nicht einmal wie eine Gabel aussieht.» Nicht zuletzt erntet der Bauer auch Sympathien von den Kommentierenden: «Landwirte arbeiten auch an Feiertagen und am Sonntag», schreibt eine Facebook-Nutzerin. Sie wisse selbst, wie anstrengend die Heuernte sei.

Warum gaffen wir?

Die allgemeine Stimmung der Diskussion ist klar: Dass sensationslustige Menschen lieber filmen, statt zu helfen, verärgert die grosse Mehrheit der Community – und trotzdem passiert es immer wieder. Warum tun wir Menschen das? Der Grund dafür ist banal: Unsere Neugier schaltet sich ein, erklärte einst der Kriminologe Dirk Baier gegenüber «Blick».

Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Durch solche Beobachtungen kann der Mensch lernen. Das bedeutet, man schaut zu, um denselben Fehler nicht auch zu machen. Gaffen ist also eine Art instinktives Handeln. In «harmlosen» Situationen, wie das beim Bauern aus Unterägeri der Fall gewesen war, ist das nicht weiter tragisch.

Anders sieht es in brenzligen Situationen aus. Da kann Gaffen Leben kosten, indem die Schaulustigen beispielsweise den Weg der Sanitäter versperren. Trotzdem fühlen sich danach die meisten Menschen unschuldig, erklärten Psychologen gegenüber «Focus.de». Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich Menschen in der Masse weniger verpflichtet fühlen. Wenn die anderen Leute das Gleiche tun, nimmt das eigene Schuldgefühl ab. Das heisst: Wir wissen zwar, dass wir falsch handeln, entschuldigen es aber damit, dass alle anderen das Gleiche machen.

Der Drang nach Sensation ist urmenschlich

Dass wir Menschen von Sensationen fasziniert sind, ist nichts Neues. Die Schaulust scheint so alt zu sein wie der Mensch. Bereits in der Antike haben die Leute Attraktionen geliebt. Damals waren es Gladiatorenkämpfe. Heute sind es Unfälle oder solche misslichen Situationen, wie diejenige des Bauern aus Unterägeri.

Aber Achtung! Auch wenn das Gaffen ein naturgegebener Instinkt ist. In der Schweiz müssen Gaffer im schlimmsten Fall mit einer Busse oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.

veröffentlicht: 30. Mai 2023 19:58
aktualisiert: 30. Mai 2023 20:00
Quelle: PilatusToday

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