«Sie liess das Amtsblatt sterben!» – laute Kritik an Zuger Regierung
Das gedruckte Zuger Amtsblatt war eine Institution. Es erschien seit 1858 und wurde zuletzt immer am Freitag gegen einen Unkostenbeitrag von gut zwei Franken an die Haushalte geschickt. Doch damit ist jetzt Schluss. Das Amtsblatt wird seit diesem Jahr nur noch in digitaler Form produziert und vertrieben – zum Unmut vieler.
Kritik an Umstellung
So erreichten PilatusToday in den vergangenen Tagen mehrere Meldungen, dass die Online-Suche nicht so benutzerfreundlich und zugänglich sei wie das gedruckte Amtsblatt. Noch stärker kritisiert wird, dass auf der Website keine nicht-amtlichen Berichte mehr einsehbar seien.
So kannte man das Zuger Amtsblatt: gedruckt in Heft-Form.
Zur Erklärung: Das kleine blaue Heft bestand lange aus zwei Teilen – einem amtlichen mit Konkursanzeigen, Mitteilungen aus Parlamenten und Gerichtsentscheiden sowie aus einem nicht-amtlichen Teil mit privaten Kleinanzeigen.
Kleinanzeigen brachten Geld
Das neue Amtsblatt besteht nur noch aus einem amtlichen Teil. Die nicht-amtlichen Kleinanzeigen fallen weg. Sie werden jetzt unter dem Namen «Zuger Marktblatt» auf privater Basis weitergeführt, müssen aber kostenpflichtig abonniert werden.
Durch die besonders beliebten Annoncen erreichte die Verlagsgesellschaft mit dem Amtsblatt in den vergangenen Jahren einen Umsatz von 6 Millionen Franken. Der Kanton Zug bekam davon gemäss Vereinbarung einen Fünftel. Diese Zahlen waren lange geheim und wurden erst im letzten Jahr durch einen Entscheid des Verwaltungsgerichts veröffentlicht.
Kanton will digitaler werden
Doch wieso wird das Zuger Amtsblatt nicht mehr gedruckt? Grund für die Umstellung ist die zunehmende Bedeutung des Internets. Im revidierten Publikationsgesetz des Kantons Zug wurde festgelegt, dass das Amtsblatt künftig kostenfrei online erscheinen müsse. Zwar würden bei den Gemeinden auf Wunsch noch gedruckte Versionen vorliegen, abonnieren kann man es aber nicht mehr.
Dies, obschon die Verlagsgesellschaft nach wie vor gute Zahlen vermeldete. Auf ihrer inzwischen deaktivierten Website zum Zuger Amtsblatt wurde die wöchentliche Auflage zuletzt mit 26'500 Exemplaren angegeben, davon gingen über 20'000 an Abonnenten.
Die unglückliche Lösung
Nicht nur die Bevölkerung ist mit der neuen Lösung nicht zufrieden, Kritik gibt es auch aus der Politik. Luzian Franzini, Kantonsparlamentarier der Alternativen – die Grünen (ALG), versteht den Unmut der Bevölkerung: «Der starke nicht-amtliche Teil machte das Amtsblatt Zug einmalig.» Mit dem Wegfall des nicht-amtlichen Teils aus dem typischen Amtsblatt verliere es einen wichtigen Teil.
Emil Schweizer, Kantonsparlamentarier der SVP und Mitglied der vorberatenden Kommission, vertritt eine ähnliche Position: Es sei ihm ein Rätsel, wie die Regierung des Kantons so entscheiden konnte. «Niemand wollte, dass das Amtsblatt abgeschafft wird», sagte er und doppelte nach: «Die Regierung liess das Amtsblatt sterben!»
Das sagt der Kanton Zug zur Kritik
Doch entschied die kantonale Regierung tatsächlich gegen den Willen des Kantonsparlaments, wie dies die Politiker der Regierung vorwerfen? Der Landschreiber Zugs, Tobias Moser, beschwichtigt. Gemäss Auskunft von ihm handelte es sich um einen normalen politischen Prozess. Das Kantonsparlament habe den Antrag nicht eindeutig formuliert. Wenn es den nicht-amtlichen Teil unbedingt hätte beibehalten wollen, hätte er dies explizit so festhalten müssen.
Der Entscheid lag laut Moser somit in der Kompetenz der Kantonsregierung. Diese entschied sich gegen den nicht-amtlichen Teil, weil das keine Staatsaufgabe sei und sie nicht die privaten Anbieter konkurrenzieren wollte. Somit gibt es keine Kleinanzeigen mehr im Zuger Amtsblatt – auch wenn sich diese viele zurückwünschen.
(pal)