«Bei der Landung hatte ich nicht das Gefühl, dass dieser Sprung für den Weltmeister-Titel reicht. Es war nicht die perfekte Landung.» Der 22-jährige Noé Roth sitzt in seinem Kinderzimmer in Baar und blickt auf die WM im georgischen Bakuriani zurück. Am Fenster hängt die goldene FIS-Medaille. Die Landung hat gereicht. Roth krönte sich vergangene Woche zum ersten Schweizer Weltmeister in der Disziplin Aerials. Dafür nötig waren drei Saltos mit vier Schrauben in gut 15 Metern Höhe.
Saltos sind Familientradition
Es sind Kunststücke, die bei der Familie Roth quasi zur Familientradition gehören. Mutter Colette Roth holte 1998 an den olympischen Winterspielen in Nagano Bronze und Vater Michel ist Cheftrainer des Aerial-Nationalteams. In der Wohnung der Familie ist der Sport omnipräsent. In der Stube stehen die beiden Kugeln für den Gewinn des Aerials-Weltcups von Mutter und Sohn.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Sport weniger präsent. Es ist ein Schattendasein, das den neuen Weltmeister nicht wirklich stört. «Für mich ist das vollkommen in Ordnung. Ich bin keiner, der die ganze Woche ein Fernsehteam in der Wohnung haben möchte.» Mit Marco Odermatt möchte der schüchterne Noé Roth nicht tauschen müssen. «Ich bin nicht einer, der viel spricht.»
Die Liebe zu seinem Sport hängt sowieso nicht mit dem Applaus zusammen, denn er damit ernten kann. «Ich liebe das Fliegen. Ich bin einfach sehr gerne in der Luft und mache Saltos und Schrauben.» Damit er diese in der geforderten Makellosigkeit präsentieren kann, investiert Noé Roth viel. Pro Jahr macht er rund 600 Sprünge. «Sprünge mit nur einem Salto zählen dabei wir nicht», präzisiert Vater und Nationaltrainer Michel Roth.
«Das ‹Jumpin› in Mettmenstetten war praktisch sein Kindergarten und Spielplatz,» blickt Vater Michel Roth auf die Anfänge der Karriere seines Sohnemannes zurück. «Dadurch hat er heute ein sehr gutes Lagegefühl in der Luft.» Bereits damals war Michel Roth im Einsatz für die Nationalmannschaft. Heute betreut er seinen eigenen Sohn.
«Es lässt sich nicht abstreiten, dass er mein Sohn ist. Ich versuche jedoch trotzdem für jeden Athleten das Gleiche zu machen.» In der Wohnung in Baar soll der Sport nicht das dominierende Thema sein. «Zu Hause bin ich der Papi und im Training der Michel.»
Saison geprägt durch Klima und Krieg
Das Vater-Sohn-Gespann reist zusammen um die ganze Welt, um ihren geliebten Sport auszuüben. Dabei werden sie gleich von zwei globalen Krisen gefordert. Zum einen raubt die Klimaerwärmung dem Team an seinem Trainingsstützpunkt in Ambri den Schnee, zum anderen wurden wegen des Krieges in der Ukraine mehrere Weltcup-Springen in Russland und Belarus gestrichen.
Noé Roth kann in dieser Saison sein Können daher nur bei sechs Weltcup-Springen zeigen. Das nächste Mal am kommenden Sonntag in St. Moritz. Dann, wenn zum ersten Mal ein Schweizer Weltmeister über eine Schweizer Schanze fliegt.
Mehr zu Noé Roth erfährst du im Video oben.