Über die Abtreibungsdiskussion in den USA wird auch hierzulande rege debattiert. Um einer Abtreibung zuvorzukommen, lassen sich einige Frauen und Männer sterilisieren. Für viele noch immer ein grosses Tabuthema, für andere eine interessante Verhütungsmethode.
Die 35-jährige Sophie* hat sich vor etwa eineinhalb Jahren die Gebärmutter entfernen lassen. «Zuvor habe ich mich neun Jahre lang mit meiner Frauenärztin vorbereitet und musste auf den Eingriff warten», sagt sie. Die Ärztin habe ihr erklärt, dass eine Frau unter 30 und ohne Kinder kaum Chancen auf einen Termin im Spital hätte. «Es war gefühlt unmöglich, mich endlich sterilisieren zu lassen.»
Die Ärzte hätten die Verantwortung nicht wahrnehmen wollen. Zu viele Frauen würden, so die Befürchtung der Ärzte, ihre Entscheidung in Zukunft bereuen. «Ich fühlte mich manchmal fast etwas bevormundet», sagt Sophie. Denn, sie hätte bereits als Teenager gewusst: «Ich will keine Kinder.» Wenn ihre Freundinnen am Kinderhüten waren, half sie mit auf dem Bauernhof. «Kinder und ich, das hat nie wirklich gepasst.»
Die Sterilisation als Erlösung
Auch wenn sie aus ihrem Umfeld immer wieder Sprüche à la «Warte doch noch ein paar Jahre» anhören musste, den Wunsch nach Nachwuchs entwickelte sich bei Sophie nicht. Zudem kamen bei ihr verstärkt medizinische Probleme. «Ich hatte während der Menstruation starke Blutungen und grosse Schmerzen.» Die Sterilisation sei für sie dann quasi eine Erlösung gewesen.
Negative Reaktionen hat sie aus ihrem Umfeld praktisch keine erlebt. Sie kommuniziere offen über die Geschichte. Auch bezüglich Partnersuche: «Ich möchte nicht falsche Hoffnungen machen. Wenn ein Mann Kinder will, kann ich ihm halt nicht das geben, was er möchte.» Sophies Fazit: «Bereut habe ich die Entscheidung bisher nicht einen Moment.»
Pfadi-Leiter überlegt sich Sterilisation
Noch mitten in der Entscheidungsfindung befindet sich Maik*. Er ist 25-jährig und spielt seit einiger Zeit mit dem Gedanken, sich sterilisieren zu lassen. «Das erste Mal darüber nachgedacht habe ich, als ich eine sterilisierte Frau kennengelernt habe», sagt er und fügt hinzu: «Ich fand dies irgendwie noch spannend und fing an, mich zu informieren.»
Ungleich wie Sophie, mag Maik Kinder. Als Pfadi-Leiter verbringt er viel Zeit mit ihnen. «Doch anders als Vater, habe ich hier keine grosse Verantwortung und kann den Kindern trotzdem etwas mitgeben.» Die Entscheidung, endgültig auf den Kinderwunsch zu verzichten, habe er noch nicht getroffen:
Maik beginnt im September sein Studium. «In der jetzigen Lebenssituation wäre ein Kind halt eine Bürde», meint er. Zudem stellt er sich auch eine weitere Frage: «Unsere Ressourcen werden weltweit übernutzt. Wir sind zu viele Menschen. Wieso soll ich dann ein zusätzliches Kind auf die Welt stellen?»
Ihm sei bewusst, dass die männliche Sterilisation in manchen Fällen reversibel, also umkehrbar sei. «Das ist aber nicht das Ziel», sagt er. Als nächste Schritte möchte er nochmals konkreter mit seiner Freundin über die Sterilisation sprechen. Auch für sie sei ein Kind nicht ein «absoluter» Lebenswunsch. «Doch das kann sich ändern», ist sich Maik bewusst.
*Namen von der Redaktion geändert