Flüchtlingshilfe auf Lesbos

Obwaldner Student verkauft Olivenöl für guten Zweck

· Online seit 16.04.2021, 18:11 Uhr
Ein Unternehmen von null auf hundert gründen und das in lediglich drei Monaten. Dies hat Yasin Cetin aus Kerns gemacht. Der Student hat einen Online-Shop aufgebaut, um Flüchtlingen auf Lesbos ein besseres Leben zu ermöglichen.
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Es waren verstörende Bilder, die im vergangenen September um die Welt gingen. Sie zeigten, wie das völlig überfüllte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos komplett niederbrannte. Seither wohnen die rund 6'500 Menschen in einem provisorischen Zeltlager.

Ein Jahr davor war der Obwaldner Jus-Student Yasin Cetin auf Lesbos. Er wollte während einer längeren Europareise im Sommer nicht nur Städte erkunden, sondern die Zeit auch «sinnvoll nutzen», wie er sagt. Daher ist er spontan auf die griechische Insel gereist, um während knapp vier Wochen Kleider an die Geflüchteten zu verteilen.

Während seines Hilfseinsatzes auf Lesbos wohnte der 26-Jährige bei einer einheimischen Familie. Dadurch kam er in Kontakt mit einer griechischen Familie, die auf der Insel seit Generationen Olivenöl produziert. Dieses hat bereits zahlreiche internationale Preise gewonnen und geniesst auch auf Lesbos einen ausgezeichneten Ruf.

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz spielte Yasin Cetin immer wieder mit dem Gedanken, das Olivenöl in die Schweiz zu importieren, zu verkaufen und so den Flüchtlingen vor Ort zu helfen. Während des ersten Lockdowns im März 2020 machte der angehende Anwalt aus Kerns dann Nägel mit Köpfen und gleiste innerhalb von drei Monaten alles Notwendige auf.

Er gründete das Unternehmen «Nefeli – für uns», erstellte eine eigene Website mit Online-Shop, designte eine passende Flasche für das Olivenöl und machte am Bahnhof Luzern mit Flyern auf sein Projekt aufmerksam. Dabei sei ihm erst so richtig bewusst geworden, dass viele Leute kaum etwas über das Flüchtlingslager Moria wussten.

Mit der Eröffnung des Online-Shops im vergangenen August ist das Projekt so richtig gestartet. Unter anderem auch dank Mithilfe von Jonas Omlin, dem Torwart der Schweizer Fussballnationalmannschaft und ehemaligen Goalie des FC Luzern. «Wir haben früher zusammen Fussball gespielt», erklärt Cetin die Beziehung zum Obwaldner. «Als ich ihm von meinem Projekt erzählte, hat er kurzerhand ein Foto des Olivenöls in seine Instagram-Story gepostet.»

Das Projekt ist gut angelaufen. Bis im vergangenen Februar konnte der Jungunternehmer 550 Flaschen Olivenöl verkaufen. Dies entspricht fast 400 Litern. Dadurch sind knapp 2'200 Franken zusammengekommen. Auch die Rückmeldungen seiner Kunden seien sehr positiv gewesen. Sie waren rundum zufrieden – nicht nur mit der Qualität des Olivenöls, sondern auch mit dem Design der Flasche.

Dies scheint sich offenbar herumgesprochen zu haben. Denn auch der Zürcher Bioladen «BachserMärt» ist auf das Projekt von Yasin Cetin aufmerksam geworden und hat das Olivenöl kurzerhand ins Sortiment seiner fünf Läden aufgenommen.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf wird zum einen die Familie auf Lesbos, die das Olivenöl produziert, entschädigt. Zum anderen werden 20 Prozent des jeweiligen Verkaufspreises von 27 respektive 32 Franken an ausgewählte Hilfswerke gespendet. An welches ist dem Käufer überlassen. Er kann sich für ein Hilfswerk aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Nahrung, Kleider und Seenotrettung entscheiden.

Transparenz ist Yasin Cetin sehr wichtig. Daher wollte er das gesammelte Geld im Frühling persönlich den entsprechenden Hilfswerken übergeben. Wegen der Corona-Pandemie ist es derzeit aber unmöglich, nach Lesbos zu reisen. Daher wurde das Geld durch die Familie, bei welcher er während seines Hilfseinsatzes auf Lesbos gelebt hat, übergeben. Das Ganze wurde fotografisch festgehalten.

Zusätzlich hat Yasin Cetin mit jedem der fünf Hilfswerke ein ausführliches Gespräch geführt. In den jeweiligen Video-Chats, welche auf der Website von «Nefeli – für uns» aufgeschaltet sind, sprechen die Verantwortlichen über die aktuelle Lage auf Lesbos, ihr Projekt und die Personen dahinter.

Die nächste Check-Übergabe hat Yasin Cetin im Juli geplant, nach dem Abschluss seines Jus-Studiums. Er hofft, dass er diese dann persönlich durchführen kann und nicht wieder auf seine Bekannten zurückgreifen muss – damit der 26-Jährige anschliessend ohne schlechtes Gewissen sein Anwaltspraktikum im Kanton Obwalden starten kann.

(scd)

veröffentlicht: 16. April 2021 18:11
aktualisiert: 16. April 2021 18:11
Quelle: PilatusToday

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