Die Renaissance der Piraterie

12.06.2015, 05:00 Uhr
· Online seit 01.01.2000, 00:00 Uhr
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Das International Maritime Bureau in London warnt eindringlich vor Piraterie. Denn so romantisch-abenteuerlich wie es in Hollywood-Filmen den Anschein hat, sind moderne Piraten nicht. Im Gegenteil. Seit 30 Jahren machen sie die Weltmeere wieder unsicher. Dabei profitieren sie vom verstärkten Welthandel und zögerlichen Regierungen.

Erst vor sechs Wochen kaperten Piraten vor der somalischen Küste einen dänischen Schlepper mit seiner sechsköpfigen mehrheitlich russischen Besatzung. Am 17.März wurde die Besatzung freigelassen und das Schiff freigegeben – gegen 700’000 Franken Lösegeld. Mit Schiffsentführungen lassen sich hohe Geldsummen erpressen. Das dürften auch die Piraten im Sinne gehabt haben, die die französische Luxusjacht Le Ponant samt Besatzung in somalischen Gewässern unter ihrer Kontrolle hatten.

Besonders gefährlich sind das Horn von Afrika sowie Südostasien. Dabei werden die Piraten immer brutaler. In der Strasse von Malakka, einer Meerenge, durch die 30 Prozent des Welthandels auf Schiffen fährt, wurde vor vier Jahren der Tanker Cherry 201 gekapert. Nach langen Lösegeldverhandlungen erschossen die Geiselnehmer vier Seeleute.

Unsicher sind auch die Gewässer vor Bangladesch, Nigeria, Brasilien, Kolumbien und Peru. In den südlichen Philippinen treibt der Rebellenführer Abu Sayyaf nach wie vor sein Unwesen und scheut sich nicht davor, Geiseln zu nehmen. Selbst in der Nordsee soll es schon zu Überfällen gekommen sein.

Das International Maritime Bureau (IMB) wurde am 25.September 1981 eigens dafür gegründet, die zunehmende Piraterie auf allen Weltmeeren zu dokumentieren und Strategien gegen die moderne Freibeuterei zu entwickeln. Um diesem Vorgehen auch den überlieferten Charme zahlreicher romantischer Filme zu nehmen, spricht das IMB heute von bewaffneten Raubüberfällen auf Schiffe. Nicht immer handelt es sich bei den Angreifern um hochgerüstete Piraten mit Schnellbooten und Mutterschiffen. Vor Somalia, aber auch vor Brasilien und selbst im Amazonasgebiet überfallen verarmte Küstenbewohner Luxusjachten.

Gerade die Tausende Kilometer lange Küste Brasiliens mit ihren unzähligen Buchten und Inselchen lassen einen Überfall als relativ risikolos erscheinen. Das Spektrum der Piraten reicht von Fischern mit einem kleinen Nebenerwerb über Hafengangs bis hin zu mafiös agierenden Banden.

Die Piratenbanden wissen oft erstaunlich gut über die Fahrtrouten der Schiffe Bescheid. Manchmal heuern Bandenmitglieder als Hilfsarbeiter an und informieren die Piratenschiffe über die Ladung und die Zielhäfen. Eigentlich sollten die Überfälle an das Piracy Reporting Center des IMB gemeldet werden. Doch viele Reeder verzichten darauf, um sich weiteren Ärger vor allem mit den Behörden zu ersparen. Ausserdem fürchten die Reeder steigende Versicherungsprämien und haben Angst um ihren guten Ruf.

veröffentlicht: 1. Januar 2000 00:00
aktualisiert: 12. Juni 2015 05:00

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