Entgleisung im Gotthardtunnel

Bundesamt für Verkehr monierte schon 2019 Mängel an Güterzügen

15.08.2023, 11:26 Uhr
· Online seit 15.08.2023, 10:57 Uhr
Eine gebrochene Radscheibe war mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Entgleisung eines Güterzugs im Gotthard-Basistunnel verantwortlich. Dass es bei den Güterzügen Sicherheitsprobleme gibt, war seit Jahren bekannt. Das Bundesamt für Verkehr warnte auch explizit vor Radschäden. Die SBB will am Mittwoch informieren, wie es jetzt weiter geht.

Quelle: SBB / CH Media Video Unit

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Das Bundesamt für Verkehr wusste bereits 2019 von den Mängeln an Güterzügen, die durch die Schweiz rollen. Die Qualitätsansprüche, welche sich die Branche selber gesetzt und in einem europaweit anwendbaren Vertrag festgehalten habe, würden zu einem beträchtlichen Teil nicht erreicht, hielt das BAV in einem entsprechenden Bericht fest.

Konkret fielen bei Kontrollen der Güterzüge unter anderem mangelhafte Bremssohlen, Löcher in Planen der Ladeeinheiten sowie explizit Mängel an den Rädern auf. Allerdings, so präzisiert BAV-Sprecher Mark Siegenthaler gegenüber den Zeitungen von CH Media, hätten die damals festgestellten Defizite Schäden an den Laufflächen betroffen, nicht an den Radscheiben.

Die meisten Güterzüge rollen im Transit durch die Schweiz

Nach den festgestellten Mängeln hatte das Bundesamt für Verkehr angekündigt, die Zusammenarbeit mit den ausländischen Aufsichtsbehörden zu verstärken. Rund zwei Drittel des Güterverkehrs auf Schweizer Schienen ist nämlich Transitverkehr durch das Land. 2020 schrieb das BAV erneut, dass die Transportbranche ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe. Verursacher für viele Mängel seien ungenügende Abläufen in Verladeterminals oder bei Zwischenstationen im Ausland.

Der im Gotthardtunnel verunfallte Güterzug war nach bisherigen Informationen von Italien nach Deutschland unterwegs. Welches Unternehmen für den Zug verantwortlich zeichnet, wem der Unglücks-Waggon gehörte und wann er das letzte Mal gewartet wurde, sind Fragen, die jetzt geklärt werden müssen.

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Kein Zeitplan für die Freigabe des Gotthard-Basistunnels

Der letzte Woche von der SBB in Aussicht gestellte Plan, den längsten Eisenbahntunnel der Welt am Mittwoch mindestens teilweise wiederzueröffnen, musste derweil aufgegeben werden. Von den 30 Wagen des Güterzuges befinden sich 16 immer noch an der Unfallstelle. Eine vollständige Übersicht über das Ausmass der Schäden am Tunnel gibt es noch nicht. Eine Prognose, wie lange die Behebung noch dauern werde, sei deshalb nicht möglich.

Ein Teil des Güterverkehrs wurde auf die Lötschberg-Simplon-Achse verschoben. Ein anderer Teil rollt auf den Strassen. Ersetzen kann beides den Gotthardtunnel nicht. Laut SBB sind zahlreiche Güterzüge im In- und Ausland abgestellt, die Kapazitäten in der Schweiz inzwischen erschöpft. Die SBB hat für Mittwoch um 13.30 Uhr eine Pressekonferenz mit Informationen über das weitere Vorgehen angekündigt.

(osc)

veröffentlicht: 15. August 2023 10:57
aktualisiert: 15. August 2023 11:26
Quelle: Today-Zentralredaktion

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