Swissmedic ermittelt

Gift aus dem Beatmungsgerät bei Schlafapnoe

· Online seit 17.01.2024, 10:46 Uhr
Atemgeräte von Philips für Schlafapnoe-Betroffene haben giftige Partikel freigesetzt. Der Beobachter deckt auf: Der Hersteller reagierte jahrelang nicht – jetzt ermittelt Swissmedic.
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Der Medizinaltechnik-Hersteller Philips musste in der Schweiz 30’000 Beatmungsgeräte für Schlafapnoe-Betroffene ab 2021 zurückrufen. Weltweit waren es 5,6 Millionen.

Partikel in der Lunge und giftige Chemikalien

Bei mehreren Geräten, die vor 2021 hergestellt wurden, gab es gleich zwei Probleme. Zum einen zersetzte sich der lärmdämpfende Schaumstoff am Lufteinlass; Partikel davon konnten über Schlauch und Atemmaske in die Lunge der Patientinnen und Patienten gelangen. Zum anderen setzten bestimmte Geräte potenziell gesundheitsgefährdende Chemikalien frei, sogenannte VOC (flüchtige organische Verbindungen).

Philips wusste schon lange von den Problemen

Jetzt zeigen Recherchen des Beobachters: Philips wusste bereits Jahre vor dem Rückruf, dass sich der Schaumstoff zersetzt. Intern lagen Informationen vor, dass durch das Gerät womöglich potenziell giftige Stoffe eingeatmet werden. Die Rückrufaktion selber lief unter fragwürdigen Umständen und grosser Verzögerung ab. Das belegen Dokumente von Swissmedic, die der Beobachter dank dem Öffentlichkeitsgesetz einsehen konnte.

In den Dokumenten verweist Swissmedic auf «frühere Kundenreklamationen» von 2014. Ein Bericht der US-Arzneimittelbehörde FDA, den Swissmedic zitiert, nennt 175’000 Beschwerden allein im Zeitraum 2008 bis 2017. Philips betont gegenüber dem Beobachter: «Die Einreichung einer Beschwerde ist kein Beweis, dass das Gerät das unerwünschte Ereignis verursacht oder dazu beigetragen hat.»

Sicherheitswarnung kam ein Jahr zu spät

Im Sommer 2020 hätte Philips gemäss den Swissmedic-Dokumenten reagieren sollen. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen dem Hersteller sogar «detaillierte Informationen» zu den Problemen vor. Trotzdem verging noch ein Jahr bis zur offiziellen Sicherheitswarnung. Dabei war bei Philips Ende 2020 sogar von einem «potenziellen Patientenrisiko» die Rede. Swissmedic hielt im August 2021 fest: «Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar», warum die von den Sicherheitswarnungen betroffenen Geräte trotzdem noch bis im April 2021 «unverändert weiter hergestellt und in der Schweiz in Verkehr gebracht wurden».

Strafverfahren läuft

Die Sache hat für den Hersteller inzwischen juristische Folgen. Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi bestätigt dem Beobachter, dass sich Philips wegen möglicher Verstösse gegen das Heilmittelrecht verantworten müsse: «Aktuell läuft ein Strafverfahren.» Details dazu sind nicht bekannt, es gilt die Unschuldsvermutung.

(red / ma)

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veröffentlicht: 17. Januar 2024 10:46
aktualisiert: 17. Januar 2024 10:46
Quelle: 32Today

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