Die Persönlichkeit ist die Gesamtheit aller Merkmale, die eine Person zeitstabil kennzeichnen und unverwechselbar machen. Dem heutigen Wissensstand zufolge können rund 50 Prozent der Unterschiede zwischen den individuellen Persönlichkeiten von der Genetik erklärt werden, die anderen 50 Prozent von der Umwelt. Die Grundsteine dafür werden in den frühen Kindheitsjahren gelegt.
Eines der am weitverbreitetsten Persönlichkeitsparadigmen in der Psychologie ist das rund 50 Jahre alte Fünf-Faktoren-Modell. Dieses wurde durch eine Vielzahl von Studien belegt und gilt heute international als das universelle Standardmodell der Persönlichkeitsforschung. Das Modell beinhaltet fünf robuste Persönlichkeitsdimensionen: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. Jede der fünf Faktoren repräsentiert eine Skala, auf welche jeder Mensch sich einordnen lässt. Bestimmte Tests erheben die individuelle Persönlichkeit – diese sind jedoch kostenpflichtig. Eine weniger umfassende Version, dafür gratis, findest du hier.
Persönlichkeit und Partei
Dass die Persönlichkeit für bestimmte Verhaltensweisen mitverantwortlich ist, ist naheliegend. Eine Schweizer Studie aus dem Jahre 2017 («Die Psyche des Politischen») zeigte, dass die Persönlichkeit sogar die Parteipräferenzen beeinflusst. Ein besonders hoher Grad an Gewissenhaftigkeit hängt beispielsweise stark mit der Präferenz für die Schweizerische Volkspartei (SVP) zusammen.
Offenheit | phantasievoll, neugierig, kreativ, interessiert und einfallsreich | Wählen eher SP, Grüne und GLP |
Gewissenhaftigkeit | diszipliniert, fleissig, gründlich, pflichtbewusst, regeltreu und gut organisiert | Wählen eher SVP und die Mitte |
Extraversion | gesellig, aktiv, gesprächig, durchsetzungsfähig und sozial dominant | Wählen eher SVP, FDP, GLP und die Mitte |
Verträglichkeit | vertrauensvoll, bescheiden, altruistisch, mitfühlend, kooperativ und konfliktscheu | Wählen eher SP und Grüne |
Neurotizismus | besorgt, ängstlich, traurig, unsicher, unruhig und wenig entspannt | Wählen eher SP und die Mitte (und teilweise SVP) |
Die Studie zeigte des Weiteren, dass besonders die verträglichen Schweizerinnen und Schweizer zufrieden mit der Demokratie sind, die Offenen politisch interessiert sind und die Menschen mit einer hohen Ausprägung an Extraversion sich viel politisches Wissen zutrauen. Wählen die neurotischen Menschen tendenziell links, so überraschen die Ergebnisse im Bereich der Offenheit in der Politik. Im Gegensatz zu den Verträglichen und den Offenen sind die Neurotischen verschlossener gegenüber anderen Argumenten.
Gewissenhafte hören Radio
Auch variiert, woher die Persönlichkeiten ihre politischen Informationen herholen. Radio hören der Studie nach besonders die Gewissenhaften und Menschen mit einem hohen Grad an Extraversion. Diese zwei und die Offenen lesen zudem am meisten die Tageszeitungen. Auf Gratiszeitungen greifen insbesondere die Gewissenhaften zurück. Während die Gewissenhaften besonders die «Aargauer Zeitung», den «Blick» und «20 Minuten» lesen, suchen sich die Offenen besonders im «Tages-Anzeiger» und in der «NZZ» ihre Informationen.
Die Persönlichkeit der Schweizerinnen und Schweizer
Welche Persönlichkeiten sich in der Schweiz herumtreiben – auch diese Frage versuchte die Studie zu beantworten. Den Ergebnissen nach sind Schweizer Frauen mitunter zwar emotional instabiler, dafür aber im Gegensatz zu ihren männlichen Weggefährten offener, gewissenhafter, kooperativer und geselliger. Schweizerinnen und Schweizer mit zunehmendem Bildungsgrad sind der Studie nach extrovertierter, gewissenhafter und offener. Tendenziell haben Hochgebildete auch weniger mit Sorgen und Ängsten zu kämpfen.
So interessant Studienergebnisse auch sein können, müssen sie immer mit Vorsicht betrachtet werden. Trotz vielen statistischen Korrekturen gibt es immer eine Vielzahl an Einflüssen, die die Ergebnisse verzerren. Ausserdem repräsentieren die Daten eine bestimmte Stichprobe und stellen kaum eins zu eins die Realität dar.
(zoe)