Für Schwangere verboten

SBB-Lokführerinnen müssen nach Geburt Fahrprüfung wiederholen

12.06.2023, 07:46 Uhr
· Online seit 11.06.2023, 10:26 Uhr
Fahren nicht erlaubt: In der Schwangerschaft und während des Stillens dürfen Frauen bei den SBB keine Züge fahren. Das dient dem Schutz der Frauen – benachteiligt sie aber. Nach einer Geburt müssen sie nochmals zur Fahrprüfung antraben.
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Stell dir vor: Du hast die theoretische und die praktische Autoprüfung erfolgreich absolviert, fährst täglich mit dem Auto herum, bis du dann ein Jahr nur noch den ÖV nutzt. Danach willst du wieder Auto fahren, doch es heisst: Stopp, du musst beide Prüfungen nochmals machen.

Kann passieren. Wenn du Lokführerin bei den SBB bist.

Fehlende Fahrpraxis 

Wieso das? Frauen dürfen während der Schwangerschaft und Stillzeit keine Züge fahren. Die Erschütterungen könnten das ungeborene Kind gefährden. Ausserdem können die SBB den Frauen keinen sauberen und ruhigen Ort zum Stillen zur Verfügung stellen.

Aufgrund dieser Regeln kann es vorkommen, dass Frauen im Führerstand bis zu zwölf Monate fehlen. Danach müssen Lokführerinnen erneut zur praktischen Prüfung antraben, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.

Wer in zwölf Monaten nicht 200 Stunden Fahrpraxis aufweist, dem wird die Fahrerlaubnis des Bundes entzogen. Die SBB und die Prüfungsexpertin können zudem beantragen, dass die Frau nochmals die theoretische Prüfung machen muss.

Lokführer ist ein Männerberuf

«Wenn man als Lokführerin ein Kind bekommt, muss man faktisch nochmals von vorne beginnen», sagt Esther Weber, Lokführerin bei den SBB und Mitglied im Lokpersonalverband für Frauenanliegen.

Lokführer ist deshalb noch immer ein Männerberuf. Nur sieben Prozent der Lokführer im Personenverkehr sind weiblich.

Weber wünscht sich, dass Müttern der Berufseinstieg leichter gemacht wird. Etwa, indem die Mindestfahrdauer für sie gesenkt wird oder indem schwangere Frauen die Fahrpraxis an Simulatoren aufrechterhalten dürfen. Grundsätzlich sei der Mutterschutz bei den SBB aber gut.

Das Bundesamt für Verkehr äussert sich kritisch zu den Vorschlägen. Mit der Mindestfahrpraxis werde sichergestellt, dass Kenntnisse nach einer längeren Abwesenheit noch vorhanden seien.

Die SBB sind sich der Konsequenzen für Frauen bewusst. Man suche jedoch mit den Mitarbeiterinnen individuell nach Lösungen.

Schwangerschaft in vielen Berufen ein Problem

Probleme während oder aufgrund der Schwangerschaft – nur ein Problem der SBB? Dem ist nicht so. Der Gewerkschaftsbund (SGB) weiss von zahlreichen Frauen aus anderen Berufen, die mit Problemen während der Schwangerschaft kämpfen.

So auch Malerinnen, die während der Schwangerschaft nicht arbeiten dürfen. Der Arbeitgeber muss den Frauen eine Ersatzarbeit zuweisen oder 80 Prozent des Lohnes bezahlen. «Gerade, wenn der Arbeitgeber den Lohn weiterbezahlen muss, ist die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts sehr gross», sagt Gabriela Medici vom SGB. Das dürfe jedoch nicht der Fall sein.

Sie schlägt vor, dass die Erwerbsersatzordnung (EO) den Lohn finanziert – anstelle des Arbeitgebers. Das sei ähnlich wie beim Mutterschaftsurlaub. Dies lehnt der Arbeitgeberverband ab, die Sozialversicherung würde damit noch stärker belastet werden.

Wie findest du es, dass die Lokführerin die Prüfung wiederholen müssen? Schreibs in die Kommentare!

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veröffentlicht: 11. Juni 2023 10:26
aktualisiert: 12. Juni 2023 07:46
Quelle: ZüriToday

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