Energie

Schweizer Strom ist viel dreckiger als gedacht

· Online seit 14.04.2023, 08:39 Uhr
Wasser, Sonne, Wind und etwas Atom – der in der Schweiz verbrauchte Strom gilt als klimafreundlich und sauber. Nur ein winziger Bruchteil soll aus fossilen Brennstoffen kommen. Das ist ein Etikettenschwindel, wie neue Zahlen zeigen.
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Laut einer Berechnung des Energieunternehmens Aliunid stammten 2022 knapp 10 Prozent des in der Schweiz verbrauchten Stroms von Kraftwerken, die mit Gas, Kohle oder Öl betrieben werden. Das sind weitaus mehr, als die Statistik des Bundesamts für Energie ausweist. Laut offiziellen Zahlen kamen 2021 nämlich rund 80 Prozent des Stroms aus Schweizer Steckdosen von erneuerbaren Energien. Weitere 19 Prozent stammen von der Kernenergie, während der Strom aus fossilen Energieträgern nicht einmal 2 Prozent ausmachte.

Zwei oder zehn Prozent?

Woher kommt diese deutliche Differenz? Zum einen hat das mit dem Ausland zu tun, wie die «NZZ» schreibt. Je nachdem, ob in der Schweiz zu viel oder zu wenig Strom produziert wird, findet ein Austausch mit den Nachbarländern statt. Vor allem im Winter muss die Schweiz Strom importieren. Es handelt sich dabei zu einem grossen Teil um Elektrizität, die aus fossilen Energiequellen wie Kohle, Öl oder Gas stammt.

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Zum anderen rechnet die Schweizer Stromwirtschaft die CO2-Bilanz schön. Die Zahlen des Bundes geben die Realität auf den Strommärkten laut Bericht nur verzerrt wieder. Sie fussten nicht etwa darauf, woher der Strom kommt. Vielmehr werde der Anteil auf der Grundlage von sogenannten Herkunftsnachweisen ermittelt. Diese Papiere würden europaweit für jede Kilowattstunde nachhaltig produzierten Strom ausgestellt – und werden losgelöst vom tatsächlich gelieferten Strom gehandelt.

Bund will für mehr Transparenz sorgen

Eingekauft würden die Nachweise jeweils für ein ganzes Jahr. Der Zeitpunkt der Produktion werde dabei ausser Acht gelassen. So könne ein vermeintlich sauberer Herkunftsnachweis, der im Sommer erzeugt wurde, zur Kennzeichnung des im Winter verbrauchten Stroms verwendet werden. In Tat und Wahrheit jedoch stammt der Strom, der im Dezember aus der Steckdose kommt, bloss zu einem geringen Teil aus Wasser, Sonne und Wind. «Das erlaubt es Stromversorgern, ihrem Strom ein grünes Mäntelchen umzuhängen», schreibt die «NZZ».

Die Politik habe das Problem der ungenauen Nachweise mittlerweile erkannt. So habe das Parlament beschlossen, dass die Herkunftsnachweise künftig nicht mehr jährlich, sondern quartalsweise ausgestellt werden müssen. Der Bund erhoffe sich davon, dass die Transparenz für die Verbraucher erhöht wird. Noch sei unklar, wann die neue Regelung für die Herkunftsnachweise in Kraft treten soll. Ein Entscheid des Bundesrats zum Geschäft werde Ende Mai erwartet.

(osc)

veröffentlicht: 14. April 2023 08:39
aktualisiert: 14. April 2023 08:39
Quelle: Today-Zentralredaktion

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