Traditionell

«Wenn ich 100 Prozent zuhause bin, muss mein Partner im Haushalt nichts machen»

03.02.2021, 12:17 Uhr
· Online seit 03.02.2021, 11:56 Uhr
Eliane Stocker ist 23 Jahre alt und will das traditionelle Familien-Modell leben. Wenn sie mal Kinder hat, möchte sie Vollzeit zuhause bleiben und ihr Mann geht arbeiten.
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Eliane Stocker*, warum willst du Vollzeit zuhause bleiben?

Ich kenne nur das. Meine Mutter blieb auch zuhause und ich fand das sehr schön. Dadurch habe ich auch eine sehr enge Bindung zu meiner Mutter. Klar, kann das auch entstehen, wenn jemand nicht die ganze Zeit zuhause ist. Aber ich finde, es einfach schön, wenn jemand aus der Familie zuhause ist.

Was läuft bei dir traditionell?

Das Einzige, was bei mir noch alte Tradition ist: Wenn ich 100 Prozent zuhause bin, dann muss mein Partner im Haushalt nichts mehr machen. Also nicht putzen, kochen und waschen. Meine Einstellung ist, wenn wir beide 100 Prozent arbeiten, dann haben wir beide gleich viel zu leisten im Haushalt. Wenn ich 100 Prozent zuhause bin, ist es meine Aufgabe den Haushalt zu schmeissen. Dann ist es mein Job zu putzen etc.

Wie reagiert dein Umfeld, auf deinen Entscheid ein traditionelles Familien-Modell zu leben?

Der grösste Teil meines Freundeskreises sagt auch, dass, wenn sie Kinder möchten, lieber zuhause bleiben möchten. Bei den meisten kommt mehr als 20 bis 40 Prozent arbeiten nicht infrage. Und dann wird die Zeit, in der sie nicht zuhause sind, meist von den Grosseltern abgedeckt und nicht mit Kitas.

Gibt es auch kritische Stimmen?

Ich bin nicht eine, die ihre Einstellung anderen Leuten aufdrängt. Wenn sie anderer Meinung sind, sind sie anderer Meinung. Aber solange sie meine Meinung akzeptieren, ist das in Ordnung. Ich habe nicht viele kritische Stimmen erhalten. Es gibt zwar einige, die sagen: «Wolltest du nicht noch dies und das machen?» Dann denke ich nein. Ich finde, irgendwo musst du trotzdem deine Abstriche machen. Du kannst nicht auf Kosten deines Kindes, deine Karriere aufbauen, nur damit du deine Karriere machen kannst. Dann musst du auch keine Kinder haben, wenn du das Gefühl hast, du musst 150 Prozent arbeiten gehen und nebenbei noch zwei Kinder aufziehen.

Viele Frauen sehen Familie als Karrierekiller, was sagst du dazu?

Ich sehe meine eigenen Kinder nicht als Stein auf dem Weg meiner Karriere. Wenn eine Frau heutzutage eine Karriere möchte, dann ist dies für sie möglich. Ich habe auch nichts dagegen, wenn man die Kinder in die Kita schickt. Ich sehe einfach oft, dass Leute arbeiten, um das Geld für die Kita bezahlen zu können. Das ist es mir nicht wert, dann sehe ich meine Kinder lieber selber aufwachsen und verzichte ein paar Jahre auf meine Karriere, statt dass ich arbeiten gehe und das Geld dafür ausgebe, dass jemand anders mein Kind betreut. Das ist ja nicht der Sinn der Sache.

Würde das Modell Alleinverdiener bei euch funktionieren?

Ja, ich lebe jetzt mit meinem Freund zusammen und verdiene als Lehrling nicht so viel. Wir haben jedoch genug Geld, um ein oder zwei Kinder durchfüttern zu können. Man muss sich das Geld auch einteilen und auch mal Abstriche machen. Wir wohnen beispielsweise in einer nicht so teuren Wohnung und können uns dafür auch mal etwas gönnen.

Wieder in die Arbeitswelt einzusteigen, kann herausfordernd sein. Wie siehst du das?

Ich sehe Kinder nicht als Einschränkung, um nicht mehr arbeiten gehen zu können. Vielleicht ist das auch, weil ich bereits verwöhnt bin und selber entscheiden kann, ob ich arbeiten gehen möchte oder nicht. Ich habe keine Angst davor, dass ich niemals arbeiten gehen kann, nur weil ich Kinder habe und jetzt nicht arbeiten gehe. Ich glaube viele haben diesen Gedanken, mir kommt er gar nicht in den Sinn.

Erst vor 50 Jahren haben die Frauen in der Schweiz das Stimmrecht erhalten. Was hältst du davon? Ist dein traditionelles Modell nicht ein Rückschritt?

Ich finde es schade. Ich bin auch der Meinung, dass wir weit weg sind von einer Gleichberechtigung hier in der Schweiz. Und es ist auch schrecklich, wenn man bedenkt, dass wir erst seit 50 Jahren das Frauenstimmrecht haben. Vor allem wenn man bedenkt, was wir für ein Land sind. Das ist schon unverständlich. Aber für mich ist das kein Schritt zurück in der Entwicklung von Mann und Frau in der Schweiz.

(hch /Radio24)

veröffentlicht: 3. Februar 2021 11:56
aktualisiert: 3. Februar 2021 12:17
Quelle: Radio24 / PilatusToday

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