Sieg und Kuss

Heute vor genau 10 Jahren: Matthias Sempach krönt sich in Burgdorf zum Schwingerkönig

· Online seit 01.09.2023, 15:03 Uhr
Am 1. September 2013 übernahm in der Schweiz ein neuer König die Regierung – zumindest in der schwingerisch interessierten Schweiz. Matthias Sempach feierte einen Heimsieg. Unser Autor schwelgt in Erinnerungen.
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Kann es mehr Druck geben für einen Menschen, als quasi vor der eigenen Haustür siegen zu «müssen», live beobachtet von über 50'000 Leuten im grössten Stadion des Landes? In einer Sportart, in der man sich nicht hinter Teamkollegen verstecken kann, sondern in der nur die eigene Leistung zählt? Wohl kaum.

Vor genau zehn Jahren stand der Schwinger Matthias Sempach vor dieser Herkulesaufgabe - und meisterte sie am ESAF Burgdorf auf geniale Art und Weise. Er setzte mit seinem Schwingerkönigstitel einen unvergesslichen Höhepunkt. Der Autor war dabei – nicht hautnah, aber immerhin zwei Tage lang von der Pressetribüne aus.

Ein Oberaargauer, aber Emmentaler im Herzen

Aber der Reihe nach: Schon nur, dass das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2013 in Burgdorf stattfinden konnte, war eine besondere Sache. Schliesslich gilt das Emmental als Wiege dieses urchigen Sports. Die gigantische Arena wurde wortwörtlich auf der grünen Wiese zwischen Burgdorf und Kirchberg aus dem Boden gestampft. Noch nie zuvor hatte das Tal einen solchen Menschenauflauf erlebt, schon Wochen zuvor wurde auf dem Festgelände Abend für Abend gefeiert. Am Festwochenende wurden auf dem Gelände 400'000 Besucherinnen und Besucher gezählt.

Matthias Sempach kommt aus aus Alchenstorf und kämpfte für den Schwingklub Kirchberg, das macht ihn schwingtechnisch zum Oberaargauer. Allerdings ist seine Verbundenheit mit dem Emmental eng, nur schon als treuer Fan der SCL Tigers. Alchenstorf ist Luftlinie keine zehn Kilometer von der Arena entfernt.

Im Vorfeld wurde Sempach als grosser Favorit gehandelt. In einer hochkarätigen Berner Mannschaft galt er als Topfavorit. Würde er dem Druck standhalten, oder wie so viele andere Schwinger an den Erwartungen zerbrechen?

Sempach war zu Beginn seiner Karriere  ehrgeizig bis an die Grenze zur Verbissenheit. Er wollte den Erfolg so unbedingt, dass er sich damit manchmal selbst im Weg stand. Unvergessen war drei Jahre zuvor am ESAF in Frauenfeld der letzte Gang, als er den abtretenden König Jörg Abderhalden im letzten Gang attackierte – und nach wenigen Sekunden vom Toggenburger fast ungespitzt in den Boden gerammt wurde.

Ein Fest wie aus einem Guss

Doch am 31. August und am 1. September 2013 war Sempach parat – körperlich sowieso, aber auch mental. Im ersten Gang bodigte er den damals sehr starken Solothurner Bruno Gisler. Auch danach konnte niemand Sempach das Wasser reichen. Nach sieben Gängen und sieben Siegen stand er nicht nur im Schlussgang, sondern konnte dort nur noch eingeholt, aber nicht mehr überholt werden.

Gegner im Schlussgang war Christian Stucki, doch nicht einmal der Koloss aus dem Seeland vermochte Sempach zu stoppen. In Erinnerung bleibt die Fairness, die der Verlierer zeigte, als er König Sempach Sekunden nach der Niederlage einen Schmatz auf den Kopf drückte. Sechs Jahre später in Zug sollte Stucki den Königstitel doch noch gewinnen.

Sempach feiert bescheiden

Zehn Jahre nach dem Königstitel lebt Sempach einen weiteren Traum. Er führt den elterlichen Hof seiner Frau Heidi im Entlebuch und geniesst das Familienleben. Oft ist er als SRF-Experte am TV zu sehen, wie etwa zuletzt am Unspunnen in Interlaken.

Wird er das zehnjährige Jubiläum feiern? Kaum, sagt Sempach. Er sei beim runden Geburtstag eines Kollegen eingeladen und werde vielleicht «äs Glesli nä» – aber sonst geniesst er still den Jahrestag seiner grössten sportlichen Leistung.

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veröffentlicht: 1. September 2023 15:03
aktualisiert: 1. September 2023 15:03
Quelle: 32Today

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