Es war Heiligabend 2009, als eine Email einer grösseren Mail-Diskussionsgruppe, die sich eigentlich mit Copyrightfragen beschäftigt, in meiner Inbox landete. Die Mitglieder der Gruppe schickten sich ihre Lieblingsalben des Jahres.
Im Mail hiess es: «Ein Album eines unabhängigen Künstlers, von dem man noch viel hören wird.» Ok, das heisst es doch irgendwie immer. Doch «Stereotype» von Blitz The Ambassador hörte sich anders an. Da rappte jemand zu einer richtigen Big Band.
Ich war begeistert und setzte mich mit Blitz in Kontakt. Ein reger Mailwechsel entstand. 2011 sammelte der junge Mann Geld. Er wollte einen Kurzfilm machen. Natürlich unterstützte ich ihn.
Um das Budget aufzupolieren, ging Blitz mit dem Embassy Ensemble auf Tour, bei seinem Halt in einem kleinen Club in Zürich trafen wir uns erstmals. Ein reges Gespräch über die Hip-Hop-Kultur, über Filme und über viele weitere Themen entstand.
Der Kurzfilm liess nicht lange auf sich warten, «Native Sun» erschien 2011. Bereits damals zeigte sich, dass Blitz ein Auge für spektakuläre Inszenierungen hat.
Von Ghana nach Brooklyn und zurück
Und: Blitz kann seine Ideen verkaufen. Im Alter von 18 Jahren verliess er seine Heimat Ghana, um in den USA Marketing zu studieren. Nach dem Abschluss zügelte er nach New York und begann, seine selbstgemachten CDs auf der Strasse zu verkaufen.
Das verdiente Geld investierte er in Kinobesuche – und schrieb sich danach alles auf, was ihm an den Filmen gefallen hat.
Den ersten «richtigen» Film, «The Burial of Kojo» von 2018, drehte Blitz dann in Ghana. Mit einem Budget von rund 40'000 Dollar und lauter Laien. Die 80 Minuten sind voller unglaublicher Bilder und Farben – und haben auch die Aufmerksamkeit von Beyoncé erregt.
Für «Black Is King» (2020) durfte er für sie Regie führen, Blitz war definitiv in der oberen Liga angekommen. Doch damit nicht genug.
«Lass es einfach sein»
Blitz wurde angefragt, beim Remake für «The Color Purple» («Die Farbe Lila») Regie zu führen. Beim Original führte Steven Spielberg Regie, Quincy Jones machte die Musik, Whoopi Goldberg und Oprah Winfrey spielten mit. Leute, die jetzt beim Remake als Produzentinnen und Produzenten fungierten.
«Meine erste Reaktion war: Wenn du nichts Neues zu sagen hast, dann lass es einfach sein. Ich habe nicht verstanden, wieso es ein Remake braucht. Ich dachte ‹Oh Mann, werde ich wirklich zu diesem Trend der misslungenen Remakes beitragen?›», sagt Blitz gegenüber dem «Telegraph».
Doch dann hatte er eine Idee. Was, wenn die Hauptfigur Celie in ihrer eigenen Phantasiewelt Erlösung findet? Es war eine Idee, die zu Blitz' Erzählstil passt und die Produzenten überzeugte.
Vorläufiger Karriere-Höhepunkt
«The Color Purple» ist bereits erfolgreich in den USA angelaufen und wird von den Kritikern hoch gelobt. Bei den Critics' Choice Awards wurde er fünf Mal nominiert, bei den Golden Globes waren Fantasia Barrino als beste Hauptdarstellerin und Danielle Brooks als beste Nebendarstellerin im Rennen.
Dass es für den Film am Dienstag, 23. Januar, mindestens eine Oscar-Nominierung geben wird, wird erwartet. Es wäre ein weiterer Höhepunkt für die unglaubliche Karriere von Blitz Bazawule – und wohl kaum der Letzte.
«The Color Purple» von Blitz Bazawule läuft am 8. Februar in den Deutschschweizer Kinos an.