Erfolglosigkeit, Antriebsschwäche, Niedergeschlagenheit und Apathie müssen nicht das Resultat einer schwierigen Kindheit oder erlittener Schicksalsschläge sein. Vielleicht stimmt einfach die Chemie nicht. Und zwar im Nucleus accumbens, einer Hirnregion im unteren bauchseitigen Bereich. Dass er eine wichtige Rolle spielt im Belohnungssystem und das Glücksgefühl mitsteuert, wusste man schon. Nur: Wie geht das von statten?
Geld ist bekanntlich ein starker Anreiz bei der Herstellung von Glücksempfinden. Das sagten sich auch Forschende von der ETH Lausanne (EPFL), welche zusammen mit Kollegen von der Uni Edinburgh die Mechanismen der Antriebskraft untersuchten. Um die Motivation zu testen und zu quantifizieren, entwarf das Team der EPFL eine so genannte «monetary incentive force task», eine Versuchsanordnung, die Kraftanstrengung mit Geld belohnt.
Fest drücken, dann gibt's Geld
In dieser Studie wurden 43 Männer gescannt, um Metaboliten im Nucleus accumbens in ihren Gehirnen mit einer hochentwickelten Hirnabbildungstechnik namens «Protonenmagnetresonanzspektroskopie» oder 1H-MRS zu messen. Damit kann die Fülle an Neurochemikalien im Gehirn, wie etwa Neurotransmitter und Metaboliten, spezifisch gemessen werden. Aus diesem Grund wird die 1H-MRS auch im klinischen Umfeld zur Bestimmung neurologischer Störungen eingesetzt.
Die Teilnehmer wurden gebeten, einen Kraftmesser zu drücken, um je nach Stärke ein Zwänzgi, ein Füffzgi oder einen Franken zu erhalten, das Ganze 120 Mal. Die Idee des Experiments bestand darin, dass die verschiedenen Summen die Teilnehmer dazu drängen würden, zu entscheiden, ob sie Energie investieren wollen. Die Wissenschaftler führten das Experiment auch unter Isolations- und Gruppenbedingungen durch, um den Einfluss des Wettbewerbs auf die Leistung zu untersuchen.
Bei schwächelnder Chemie hilft Wettbewerb
In einem speziellen Rechenmodell wurden die Verhaltensdaten analysiert und die Parameter geschätzt, die Nutzen, Aufwand und Leistungsfunktionen steuerten. Die Analyse ergab, dass der Schlüssel zur Leistung - und damit zur Motivation - im Verhältnis von zwei Neurotransmittern im Nucleus accumbens liegt: Glutamin und Glutamat. Konkurrenz belebte das «Geschäft», in einer Wettbewerbssituation waren die Probanden von Anfang an motivierter, besonders jene mit einem niedrigen Glutamin-Glutamat-Verhältnis im Nucleus accumbens.
«Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Motivations-Neurowissenschaft», sagt Carmen Sandi vom Brain-Mind-Instituts der EPFL. «Sie zeigen, dass das Gleichgewicht zwischen Glutamin und Glutamat dazu beitragen kann, spezifische, rechnerische Komponenten motivierter Leistung vorherzusagen. Unser Ansatz und unsere Daten können uns auch dabei helfen, therapeutische Strategien zu entwickeln, darunter auch Ernährungsinterventionen, die Defizite bei der Leistungsbereitschaft durch eine gezielte Beeinflussung des Stoffwechsels beheben».
*Fachartikelnummer: DOI: 10.1038/s41386-020-0760-6 in der Fachzeitschrift «Neuropsychopharmacology»