Rassismus in der Schweiz

«Als wäre ich ein Produkt, das man im Laden kaufen kann»

15.06.2020, 19:37 Uhr
· Online seit 15.06.2020, 19:09 Uhr
Jasmin Marti ist in Kägiswil im Kanton Obwalden aufgewachsen. Sie lebte dort zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Adoptivvater und Halbbruder. Ihr leiblicher Vater lebt in Angola. Wegen ihrer Hautfarbe sah sie sich oft mit Alltags-Rassismus konfrontiert.

Quelle: tele1

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Jasmin hatte im 700 Seelen Dorf Kägiswil eine schöne Kindheit, wie sie sagt. Sie wuchs typisch schweizerisch auf. Was sie aber von den anderen unterscheidet, ist ihr Aussehen. Sie hat braune Haut und ist damit die Einzige im Dorf.

«Als ich mit meiner weissen Mutter und meinem weissen Bruder unterwegs war, meinte jemand zu uns: oh das Mädchen ist denn süss! Woher hast du sie? Als wäre ich ein Produkt, das man im Laden kaufen kann».

Ich wollte einfach so sein wie die anderen.

Jasmin erinnert sich, dass sie immer einfach nur dazugehören wollte – so sein wie die anderen. Durch ihre äusserlichen Merkmale ist sie aber speziell aufgefallen. Man konnte sich an sie erinnern. Sie hatte das Gefühl, dass sie noch mehr als andere aufpassen musste, was sie sagt und wie sie sich verhält.

Dass sie bereits als Kind und Jugendliche Rassismus erlebte, war ihr lange gar nicht bewusst. Sie wollte die «Rassismusbrille» lange nicht aufsetzen, wie sie sagt. «In unserer Gesellschaft habe ich selbst gelernt, dass niemand Rassist sein will. Das ist etwas Negatives. Und ich wollte niemanden des Rassismus bezichtigen.»

Ist man bereit, bei sich selbst hinzuschauen?

Jasmin Marti will sich in dieser Debatte nicht über andere stellen, nur weil ihre Hautfarbe anders ist. Sie denkt, dass kein Mensch davor gefeit ist, Vorurteile zu haben. «Wir denken alle in Stereotypen. Es geht aber darum, wie gehe ich damit um? Bin ich mir dessen bewusst? Es geht in der ganzen Rassismus-Debatte darum, ob man bereit ist, bei sich selbst hinzuschauen und es nicht als Angriff zu verstehen.»

Mut und Offenheit

Es brauche Mut, um bei sich selbst hinzuschauen und sich zu hinterfragen und Offenheit, um den Austausch mit schwarzen Menschen und people of colour zu suchen, ohne sich angegriffen zu fühlen. Genau das wünscht sich Jasmin Marti für unsere Gesellschaft.

veröffentlicht: 15. Juni 2020 19:09
aktualisiert: 15. Juni 2020 19:37
Quelle: PilatusToday

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