«Schwarzer Herbst»

Attentat - Anschlag - Absturz: 20 Jahre danach

11.09.2021, 06:20 Uhr
· Online seit 11.09.2021, 06:11 Uhr
Nur wenige Tage der Geschichte lösen wohl ein so kollektives «Ich weiss noch genau, was ich damals gemacht habe» aus wie der 11. September 2001. Mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York begann ein tragischer Herbst, der sich nun zum 20 Mal jährt.
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Die Terroranschläge am 11. September 2001 waren vier koordinierte Flugzeugentführungen mit nachfolgenden Selbstmordattentaten in den Vereinigten Staaten von Amerika. Besonders stark in Erinnerung bleiben die beiden Flugzeuge, die in die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York geflogen wurden.

Um 08.46 Uhr Ortszeit flog ein zuvor entführtes Linienflugzeug in den Nordturm des World Trade Centers. Nur wenig später, um 09:03 Uhr und bereits weltweit live im TV zu sehen, kam es zum zweiten Einschlag. Ein zweites Linienflugzeug traf den Südturm der Twin Towers. Infolge der erheblichen Gebäudestrukturschäden kollabierten beide Wolkenkratzer innerhalb der folgenden anderthalb Stunden. Rund um den Einsturz und die Drahtzieher der Anschläge ranken sich bis heute Verschwörungstheorien und Mythen.

Quelle: Archiv: Tele 1

Folgen von 9/11 

Rund 3'000 Menschen aus über 90 Ländern haben bei den Anschlägen am 11. September 2001 ihr Leben verloren. In der Folge erklärte der damalige US-Präsident George W. Bush den «War on Terror» – der Krieg gegen den Terror. Im Zuge dieser Militäroperation begann Anfang Oktober 2001 der Krieg in Afghanistan. Dies mit dem Ziel, die für die Anschläge verantwortlich gemachte al-Qaida zu bekämpfen und Anführer Osama bin Laden zu liquidieren. Was zehn Jahre später, im Mai 2011, gelang.

Bis heute sind die Folgen der Anschläge spürbar. Etwa durch massiv verschärfte Kontrollen an Flughäfen, bei Grossereignissen oder die weltweite Anti-Terror Politik.

Der Todespfleger von Luzern 

Auch wenn der 11. September 2001 für immer von den Ereignissen in den USA überschattet werden wird, hat sich just an diesem Tag ein weiteres tragisches Bild erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die Behörden gaben damals bekannt, dass ein Mann in seiner Rolle als Pfleger 22 Menschen umgebracht hatte. Roger Andermatt, der den Übernamen «Todespfleger von Luzern» bekam, hatte zwischen 1995 und 2001 so viele Menschen getötet wie kein anderer. Er ging als Serienmörder mit den meisten Opfern in die Schweizer Kriminalgeschichte ein.

Seine Methode: Er drückte der im Bett liegenden Person einen Plastiksack aufs Gesicht – oder verabreichte ihr eine Überdosis starker Beruhigungsmittel.

Quelle: Archiv: Tele 1

Aus Mitleid oder Wut 

Der sogenannte Todespfleger war in mehreren Zentralschweizer Alters- und Pflegeheimen aktiv. Die Polizei kam dem damals 32-Jährigen nur mit Glück auf die Spur. Immer dort, wo der junge Pfleger arbeitete, häuften sich die Todesfälle. Ohne etwas Handfestes gegen ihn in der Hand zu haben, kam es zur Hausdurchsuchung. Noch am selben Tag gestand der Mann seine Taten. Manchmal habe er einfach Mitleid mit den oftmals Demenzkranken gehabt, gab er damals an. Später räumte er aber auch ein, dass er auch wütend auf seine Opfer war, weil sie ihn kritisiert hatten.

Für seine Morde wurde Roger Andermatt zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Erst dieses Jahr wurde erneut über seine Strafe entschieden. Wie bereits in den vergangenen Jahren wurde sein Gesuch für eine bedingte Haftentlassung abgelehnt. Damit bleibt der Luzerner Todespfleger auch weiterhin hinter Gittern.

Zuger Attentat 

Noch immer im Bann der Anschläge auf das World Trade Center kam es nur gerade zwei Wochen später zu einem weiteren Attentat. Tatort am 27. September 2001 war das Zuger Parlamentsgebäude. Während einer Sitzung des Kantonsparlaments stürmte ein schwer bewaffneter Mann den Saal. Er schoss wild um sich – insgesamt werden 91 Schüsse dokumentiert. Auch zündete er eine selbstgebastelte Bombe. 15 Personen starben bei dem Amoklauf, darunter auch der Täter. Zahlreiche weitere wurden verletzt.

Das Hauptziel des Attentäters war der Zuger Regierungsrat Robert Bisig. Als der Attentäter in den Saal feuerte, hat er gemäss einem Untersuchungsbericht geschrien: «Wo esch de Bisig, dä huere Bisig?» Robert Bisig bliebt unverletzt. Der vorbestrafte Täter hinterliess am Tatort einen Abschiedsbrief mit dem Titel «Tag des Zorns für die Zuger Mafia». Man geht davon aus, dass er sich als Opfer eines Komplotts wägte. Auch in diesem Schreiben erwähnt er Bisig mehrmals.

Quelle: Archiv: Tele 1

Als Folge des Zuger Attentats wurden die Sicherheitsvorkehrungen in lokalen Parlamenten verschärft oder überhaupt erst vorgenommen.

Grounding Swissair

Die Swissair war nicht nur einfach eine Airline. Sie war der Stolz der Nation. Der 2. Oktober 2001 wurde zum «schwarzen Donnerstag» der Schweizer Fluggeschichte. Nach über 70 Jahren war der Name Swissair Geschichte. Man habe daraus gelernt, dass auch das renommierteste Unternehmen untergehen kann, sagte etwa Andreas Wittmer, Luftfahrtexperte der Universität St. Gallen zum Grounding der Swissair. Der Schock nach der grössten Firmenpleite der Nachkriegszeit sass tief.

Alle Rettungsversuche scheiterten

Das jähe Aus der Schweizer Flotte mit weltweiter Ausstrahlung kam in den 90er Jahren. Der europäische Markt wurde liberalisiert, Treibstoff teurer und Kunden preisbewusster. Billig-Airlines kamen auf und die Schweiz sagte «Nein» zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR. Auch der riskante Versuch der Swissair, kleinere Gesellschaften zu kaufen, ging schief. Die Anschläge auf das World Trade Center waren für die Flugbranche ein Schlag – der Swissair brachen sie das Genick. Der letzte Versuch die Swissair durch die Übernahme der Crossair zu retten, kam zu spät.

Quelle: Archiv: Tele 1

Brand-Katastrophe im Gotthardtunnel

Drei Wochen nachdem mit der Swissair eine der prestigeträchtigsten Schweizer Marken verschwand, ereignete sich in einem weiteren Denkmal der Schweizer Geschichte ein tragischer Unfall. Am 24. Oktober 2001 kollidierten am Morgen im Gotthardtunnel zwei Lastwagen frontal. Durch einen Kurzschluss entzündete sich ein Diesel-Luft-Gemisch und damit die Lastwagen und ihre Laden. Hunderte Pneus gingen in Flammen auf und im Gotthardtunnel entstanden Temperaturen von bis zu 1'200 Grad. Elf Menschen sind durch das Unglück gestorben – so viele wie noch nie in der Geschichte des Tunnels.

Schweiz unter Schock

Nach dem Attentat in Zug und dem Grounding der Swissair, war der Brand im Gotthard das dritte gravierende Ereignis in der Schweiz innert weniger Wochen. Der folgenschwere Unfall hatte grosse Diskussionen über die Tunnelsicherheit ausgelöst. Das bis heute verwendete System, das die Durchfahrt von Lastwagen begrenzt, ist auf die Vorfälle vor 20 Jahren zurückzuführen. Zudem wurde der Ruf nach einer zweiten Gotthardröhre durch die Brandkatastrophe nochmals lauter.

Quelle: Archiv: Tele 1

Crossair-Absturz in Bassersdorf

Der 24. November 2001 war ein weiterer dunkler Tag in der Schweizer Luftfahrtgeschichte. Nach 22 Uhr sollte in Zürich-Kloten auf Landebahn 28 ein «Jumbolino» landen, der zuvor in Berlin-Tegel gestartet war. Doch die Crossair-Maschine kam nie an. Wenige Kilometer vor der Landebahn streifte das Flugzeug in einem Waldstück bei Bassersdorf mehrere Bäume und schlug auf dem Boden auf. 24 Menschen sind bei dem Unglück gestorben. Neun haben den Absturz wie durch ein Wunder überlebt.

Pilotenfehler als Ursache bestätigt

Menschliches Versagen. Zu dieser Absturz-Ursache kam der Schlussbericht des Büros für Flugunfall-Untersuchungen nach langen Ermittlungen. Der Absturz sei hauptsächlich durch Fehler des übermüdeten Piloten verursacht worden. Diese Übermüdung habe dazu geführt, dass das Konzentrations- und Entscheidungsvermögen des 57-jährigen Piloten beeinträchtigt gewesen sei. Auch seien «fliegerische Defizite» bei ihm festgestellt worden.

veröffentlicht: 11. September 2021 06:11
aktualisiert: 11. September 2021 06:20
Quelle: PilatusToday

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