Verschwörung & Proteste

Für und gegen die Freiheit – das steckt hinter Telegram

· Online seit 19.11.2020, 19:50 Uhr
Xavier Naidoo, Michael Wendler und zuletzt die Gruppe «Junge Tat» verschafften dem Messenger Telegram Berühmtheit. Doch die App wird nicht nur von Extremisten genutzt. Telegram spielt in diversen Protestbewegungen eine wichtige Rolle.
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Es ist auffällig: Wer sich über corona-kritische Inhalte informiert, der landet früher oder später auf Telegram. Der Messaging-Dienst ist besonders bei Verschwörungstheoretikern beliebt, denn die Plattform kennt keine Zensur. Während teils Inhalte oder Personen von Youtube, Facebook und Co. blockiert werden, passiert dies auf Telegram nicht. Doch was ist Telegram eigentlich?

Wie Whatsapp – bloss «one way»

Telegram ist vergleichbar mit Whatsapp, einfach mit Zusatzfunktionen. So kann man da etwa Kanälen folgen - bekannte Coronaleugner wie XavierNaidoo, Michael Wendler oder Attila Hildmann haben Tausende von Followern. Hier können Personen, ähnlich wie bei einem Blog, Beiträge teilen. Diese können von den Followern aber nicht kommentiert oder geliked werden.

Gruppen sind auf Telegram und Whatsapp ähnlich. Die Grösse ist allerdings unterschiedlich. Während auf Whatsapp die Anzahl Gruppenteilnehmer auf 256 beschränkt ist, können auf Telegram bis 200'000 Personen beitreten. Die Einladung zur Gruppe erfolgt entweder direkt oder über einen Link. Solche Links findet man häufig unter corona-kritischen Posts in den sozialen Medien. Dann aber sind die Teilnehmer unter sich. Ein weiter Unterschied zu Whatsapp: Telegram bietet verschlüsselte Chats an.

Von Russland zum IS

Telegram ist bereits aufgrund seiner Entstehungsgeschichte prädestiniert für dieses Unterfangen, denn: Gegründet wurde Telegram von zwei Russen, welche die Zensur im Land umgehen und neutrale Informationen bereitstellen wollten. Die russische Regierung wollte von den Gründern schon oft die Herausgabe von persönlichen Informationen erzwingen oder Telegram gleich ganz verbieten. Beides ist bislang gescheitert. Im Laufe der Zeit hatte Telegram aber auch mit Negativ-Schlagzeilen zu kämpfen. Der Islamische Staat zum Beispiel rekrutierte viele Kämpfer über Telegram.

Im Gegensatz zu Facebook und Youtube löschen die Betreiber nur wenige Inhalte, ein weiterer Grund für die Beliebtheit von Telegram bei Extremisten. In seinen FAQ erklärt Telegram seine Handhabung so: «Alle Telegram- und Gruppen-Chats sind die Privatsache der jeweiligen Nutzer und wir nehmen keine Anfragen dazu an, diese zu bearbeiten.»

Im Kampf für die Freiheit

Telegram macht derzeit vor allem als Plattform für Extremisten und Verschwörungstheoretiker Schlagzeilen. Doch wird es vielerorts im Sinne seiner Erfinder genutzt, nämlich als sicherer Messenger gegen staatliche Zensur. So spiele die App bei den jüngsten Protesten in Belarus eine wichtige Rolle. Jeder fünfte Belarusse ist auf Telegram. Auch die Demonstranten in Hongkong nutzen die App, um ihre Proteste zu koordinieren.

(mao,hto)

veröffentlicht: 19. November 2020 19:50
aktualisiert: 19. November 2020 19:50
Quelle: PilatusToday

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