Türkei blockiert Nato-Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden
Am Mittwochmorgen war es im Nato-Rat nicht wie ursprünglich geplant möglich, den Beschluss zu fassen, um den Aufnahmeprozess für Schweden und Finnland zu starten. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen.
Schweden und Finnland hatten am Morgen zwar offiziell die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Und eigentlich war vorgesehen gewesen, dass der Nato-Rat danach sofort den Start der Beitrittsgespräche beschliesst. Allerdings brachte die Türkei in der Sitzung kurz darauf Sicherheitsbedenken vor und machte klar, dass sie zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zustimmen kann.
Erdogan will einem Beitritt nicht stimmenzustimmen
Ein Sprecher des Bündnisses wollte sich nicht zu den Gesprächen im Nato-Rat äussern. Er betonte lediglich, dass Generalsekretär Jens Stoltenberg entschlossen sei, zu einer schnellen Lösung für Finnland und Schweden zu kommen. «Beide Länder sind unsere engsten Partner, und ihr Beitritt zur Nato würde die euroatlantische Sicherheit stärken», sagte er.
Ich freue mich über Schwedens und Finnlands Ankündigungen zum #NATO-Beitritt.
— Merle Spellerberg (@spellerberg_m) May 18, 2022
Gleichzeitig ist es frustrierend, dass die Türkei ihre innerpolitischen Interessen gegen die Sicherheit von einzelnen Staaten ausspielt.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan machte unterdessen öffentlich erneut deutlich, dass er eine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands von einem Zugehen auf sein Land in Sicherheitsfragen abhängig macht. Die Nato-Erweiterung gehe für die Türkei einher mit dem Respekt, den man ihren Empfindsamkeiten entgegenbringe, sagte er bei einer Rede vor seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara.
Schweden und Finnland würden «Terroristen» unterstützen
Schweden und Finnland wollten weitermachen mit der Unterstützung von «Terrororganisationen», aber gleichzeitig die Zustimmung der Türkei für eine Nato-Mitgliedschaft, bemängelte Erdogan. «Das ist milde ausgedrückt ein Widerspruch.»
Dem Land Schweden warf Erdogan etwa vor, die Auslieferung von 30 «Terroristen» zu verweigern. «Die Nato ist ein Sicherheitsbund, eine Sicherheitsorganisation. Insofern können wir nicht ja dazu sagen, dieses Sicherheitsorgan unsicher zu machen», sagte Erdogan.
Als «Terroristen» bezeichnet Erdogan etwa Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die auch in den USA und Europa als Terrororganisation gilt. Die Türkei sieht aber auch die Kurdenmiliz YPG in Syrien als Terrororganisation an - für die USA ist die YPG in Syrien dagegen ein Verbündeter.
Waffengeschäfte als Zünglein an der Waage?
Wie die Türkei von einem Veto gegen einen Nato-Beitritt von Schweden und Finnland abgehalten werden kann, war bis zuletzt unklar. Nach Angaben von Diplomaten könnten neben Erklärungen der beiden Nordländer zum Kampf gegen den Terrorismus auch Waffengeschäfte eine Rolle spielen. So will die Regierung in Ankara in den USA F-16-Kampfjets kaufen - in Washington war ein möglichen Deal zuletzt aber politisch umstritten.
Hoffnung ist nun, dass Gespräche des türkischen Aussenministers Mevlüt Cavusoglu in New York Bewegung in den Streit bringen könnten. Cavusoglu wollte sich dort unter anderem mit seinem US-Kollegen Antony Blinken treffen. «Die Diplomatie geht weiter», sagte ein Diplomat am Mittwoch in Brüssel.